Der Lotse darf nicht an Bord

■ Der Wissenschaftssenator will den FU-Kanzler nicht wählen - nun weigert sich die SPD, die Stelle neu auszuschreiben. Kuratorium will den Verwaltungschef sofort

Die Freie Universität, mit rund 45.000 Studierenden eine der größten Unis der Republik, muß auf unbestimmte Zeit mit einer kopflosen Verwaltung auskommen. Die Position des Kanzlers ist in die politische Zwickmühle geraten: Die SPD will nach Informationen der taz einer Höherstufung und Neuausschreibung der vakanten Stelle des Verwaltungschefs nicht zustimmen. Gleichzeitig blockiert Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) die Auswahl aus acht bereits seit Monaten feststehenden KandidatInnen. Die BewerberInnen seien zu schlecht qualifiziert, meint Radunski. Damit fehlt dem Riesentanker FU in Zeiten drastischer Etatkürzungen der Lotse.

Kurt Hammer, bisheriger Kanzler, geht nächsten Freitag von Bord. Hammers NachfolgerIn hatte bereits im Dezember gewählt werden sollen. Doch diese Wahl hatte Wissenschaftssenator Radunski drei Tage vor dem ursprünglichen Wahltermin abgeblasen. Die Bewerberlage sei „nicht überzeugend“, teilte Radunski den von ihm ausgewählten Möchtegernkanzlern via Presse mit. Die Position müsse neu und lukrativer ausgeschrieben werden, um sie für besser qualifizierte Kandidaten interessant zu machen.

Zu der Anhebung der Kanzlerstelle von B 3 auf B 5 will die SPD- Fraktion jedoch keine Zustimmung geben. Der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bert Flemming, teilte mit, daß die SPD dies kategorisch ablehne. Er sei sich mit Fraktionschef Klaus Böger (SPD) einig, daß eine solche Gehaltserhöhung der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln sei. Ohne die SPD ist eine Änderung des Besoldungsgesetzes nicht zu machen.

Damit stecken die Kanzlerwahlen in der Sackgasse.

Der Wissenschaftssenator spricht den angetretenen KandidatInnen die administrative Befähigung ab. Eine Mehrheit des Kuratoriums (14 von 22 Mitgliedern), das den Kanzler auswählt, will den Wahlgang auf jeden Fall durchführen. Die Mitglieder des Kuratoriums hatten gegen die Absage der Wahl scharf protestiert, „weil demokratisch legitimierte Strukturen außer Kraft gesetzt“ würden. Gegenüber der taz bestätigten die Vertreter von PDS, Bündnisgrünen und SPD im Kuratorium, daß „noch dieses Kuratorium die Wahl zu Ende bringt“. Das Kuratorium ist das Bindeglied zwischen Staat, Universität und Gesellschaft; es wählt den Kanzler, den der Senat beruft.

Auf die Seite des seit Wochen umstrittenen Peter Radunski hat sich inzwischen die Innenverwaltung gestellt. Sie hat schriftlich klargemacht, daß sie mindestens zweien der jetzigen KandidatInnen die Bestellung zum Kanzler verweigern würde. Es handelt sich dabei um zwei SPD-Mitglieder, die – laut Innenverwaltung – so alt sind, daß sie die Amtsperiode von zehn Jahren nicht mehr ableisten könnten.

Nach Meinung von Beobachtern ist dieser politische Hintergrund der eigentliche Anlaß für die Wahlabsage. Einer der beiden SPD-Bewerber gilt als aussichtsreich. Er könnte somit dem Favoriten des sogenannten „alternativ- undogmatischen Mittelbaus“ den Rang ablaufen. Die vermeintlich Undogmatischen kooperieren seit Jahren mit der CDU-Riege um den ehemaligen FU-Präsidenten Dieter Heckelmann (CDU). Christian Füller