Bewag-Deal auf dem elektrischen Stuhl

■ Nach der Absage von Enron ist nur noch ein ausländischer Bieter im Rennen. Jetzt überprüft der Landesrechnungshof den starken Einfluß der deutschen Stromkonzerne beim Berliner Energieversorger

Vom Geschäft zur Affäre: Nachdem der US-amerikanische Energiekonzern Enron gestern seinen Ausstieg aus dem Bieterverfahren angekündigt hat, will nun der Landesrechnungshof den geplanten Verkauf der Bewag kritisch unter die Lupe nehmen. Das kündigte gestern Rechnungshof- präsident Horst Grysczyk an. Die Überprüfung soll sich darauf konzentrieren, ob die Zusicherung dreier Bewag-Aufsichtsratsposten für die Atomkonzerne durch den Senat gegen die Interessen des Landes verstößt.

Bei der Vorbereitung des Verkaufs der landeseigenen Bewag- Anteile (50,8 Prozent) hatte der Senat den Konsortialvertrag mit den Minderheitsaktionären PreussenElektra und Bayernwerke geändert. Um deren früher verbrieftes Vorkaufsrecht auszuschalten und Wettbewerb unter mehreren Bietern zu ermöglichen, wurden den Firmen drei Mandate im Aufsichtsrat vertraglich zugesichert.

Der damit verbundene starke Einfluß der deutschen Strommonopolisten scheint ausländische Kaufinteressenten aber zunehmend davon abzuschrecken, die 50,8-prozentige Landesmehrheit an der Bewag zu kaufen. Gestern sprang mit der US-amerikanischen Enron Corporation ein weiterer potientieller Investor ab. Einen Tag zuvor hatte bereits der britische Konzern PowerGen abgesagt.

Damit bleibt als letzter ausländischer Bieter die Southern Company aus Atlanta/USA übrig. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, der Einstieg bei der Bewag werde noch geprüft. Man habe aber noch kein konkretes Kaufangebot abgegeben. Die mögliche Übernahme der Mehrheit am Berliner Energieversorger sei aber nur „eines von vielen Projekten, das man rund um die Welt verfolge“. Für den Fall, daß auch der letzte ausländische Bieter aussteigt, hatte Finanzsenatorin Fugmann-Heesing unlängst gedroht, das Verfahren völlig neu aufzurollen. Sie will nicht an die einzigen deutschen Investoren, die Energiekonzerne Viag/Veba und ihre Tochterfirmen Bayernwerke sowie PreussenElektra verkaufen. Diese beherrschen schon große Teile des hiesigen Energiemarktes.

Die Finanzsenatorin ist allerdings schon jetzt in der Bredouille: Soll ein ausländischer Konzern zum Zuge kommen, bleibt nur Southern Company, der damit auch den Preis diktieren und senken kann. Ursprünglich wollte Fugmann-Heesing zwischen drei und vier Milliarden Mark erlösen, um den Haushalt 1996 auszugleichen. Auch das ist ein Punkt, den der Rechnungshof überprüfen will. Präsident Grysczyk warnte vor hektischer „Haushaltskosmetik“. Er „wundere“ sich, daß die Bewag- Milliarden überhaupt noch für das schon abgelaufene Jahr eingeplant würden.

Unterdessen sorgt der geplante Deal für Streit in der Großen Koalition. Die SPD kritisierte Äußerungen von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, die Bewag müsse deutsch bleiben. SPD-Geschäftsführer Rudolf Hartung erklärte, wer wie Landowsky in laufende Geschäfte eingreife, wäre in anderen Bundesländern nicht länger Fraktionschef und auch nicht Chef einer Bank mit starker öffentlicher Beteiligung. Landowsky amtiert als Vorstandsvorsitzender der zur Bankgesellschaft Berlin gehörenden Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank. Hannes Koch