Betteln und Sparn

Jungunternehmer Aschler ist einer von meine härteste Stammkunden und dazu noch ein Fän von unse Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel. Weil die dafür gekämpft hat wie eine Löwin, daß de Berber anne frische Luft – zun Beispiel inne Mönckebergstraße – weiterbetteln dürfen. Erst bei de Kältewelle hab ich das geschnallt, was mir Herr Aschler erklärt hat: „Bei diesen Minusgraden kann der Bettelnde nicht einfach passiv dasitzen. Er muß sich Bewegung verschaffen, indem er zum Beispiel ein Instrument spielt oder tanzt oder beides zugleich macht.“ „Und wer diese Schwelle überschritten hat“, sagt nu auch Herr Oberinspektor Wawaller von' Arbeitsamt, der sich bei mir immer de Zeitschrift „Gelobt sei, was hart macht“ holt, „für den ist auch der Weg dahin nicht mehr weit, daß er gemeinschaftsfördernde Arbeiten für 3.- DM die Stunde ausführt, daß er zum Beispiel Hundekot ent-sorgt oder Parksünder bei der nächsten Polizeiwache meldet.“ Diese arbeitsbeschaffungsmäßigen Gedanken hat Frau Fischer-Menzel wohl auch gehabt, aber wie habn sich de Berber verhalten? Sonnenbank-Heinzi hat das beobachtet: „Sie haben sich in die beheizten U- und S-Bahnwagen verzogen, wo die Fahrgäste ihnen nicht ausweichen konnten.“ „Ja, ja“, ruft nu auch Studienrat Arnold, „besonders auf die S-Bahn nach Blankenese haben sie es abgesehen. Da pflanzen sie sich vor den Fahrgästen auf, verhindern sogar das Aussteigen und murmeln so lange ihr ,Hassemanemaak', bis gezahlt wird. Einige verstärken diesen Terror noch durch Lärm, den sie mit verstimmten Gitarren oder rostigen Mundharmonikas erzeugen.“ „Ja“, meint nu Herr Aschler, „ist es da ein Wunder, daß die HHA mit der Unterstützung von Frau Fischer-Menzel eine Kampagne gestartet hat, die sich gegen die Bettelei in den öffentlichen Verkehrsmitteln richtet?“ „Dabei“, ölt an diese Stelle de Nachwuchslürikerin Nele Hütlein dazwischen, die sich an mein' Kiosk immer vonne Illu-Aufmacher insperiern läßt, „kann man mit den Sozialhilfegeldern auskommen. Ich bin doch der Beweis dafür! Allein dadurch, daß man sich von Fleisch- auf Pflanzennahrung umstellt, spart man enorm.“ „Aber die Leute von Greenpeace“, geht nu Sonnenbank-Heinzi dagegen an, „haben doch vor dem Verzehr des pflanzlichen Fleischersatzstoffes SOJA gewarnt! Die US-Ware, die wir hier zum größten Teil konsumieren, sei GENMANIPULIERT. Die gesundheitlichen Risiken könne man noch gar nicht abschätzen. Nee, ich bleib lieber bei meinem argentinischen Rumpsteak!“ Jungunternehmer Aschler holt tief Luft: „Ich esse weiterhin meine Soja-Bratlinge, denn mich hat die Demonstration des PDS total überzeugt. Das ist der Pool deutscher Sojaimporteure...“ „Was war das denn für eine Demonstration?“, fragt Frau Hütlein. „Davon wissen Sie nichts? Sie wurde doch von allen Fernsehsendern übertragen.“ „Ich habe wohl gerade an meinem Gedichtzyklus ,Heiße Luft' gearbeitet. Wenn es mich packt, vergesse ich alles um mich herum.“ „O.K.“, sagt Herr Aschler, „der Präsident vom PDS hat persönlich zwei Soja-Klopse und vier Soja-Würstchen gegessen.“ „Richtig gekaut und runtergeschluckt?“, frag ich. „Garantiert“, antwortet Herr Aschler, „die Journalisten haben hinterher seine leere Mundhöhle gefilmt. Aber das war noch nicht alles: Sein Gast, der Herr Wirtschaftsminister Rexrodt, hat ebenfalls vier Würstchen verzehrt. Und zeigen sich bei ihm vielleicht negative physische oder psychische Auswirkungen?“ Stimmt, Herr Rexrodt macht sein' Job wie immer... und auch nicht schlechter als seine Ministerkohlegen. Aber vielleicht habn die auch probiert?