Neues von der Schiffbau-Front
: Schichau könnte leben

■ Betriebsrat verbreitet Optimismus und fordert Senats-Hilfe: Hibeg soll einsteigen

Um Optimismus zu verbreiten und ein „Signal für die Zukunftsfähigkeit unserer Werft zu setzen“ waren gestern Betriebsräte der Bremerhavener Schichau-Seebeckwerft (SSW) extra nach Bremen gekommen. Die Belegschaft habe in den vergangenen Monaten unter Konkursbedingungen bewiesen, daß kostendeckender Bau von Fähren und Spezialschiffen möglich sei, betonte Betriebsrats-Chef Holger Pflaumbaum eindringlich. Gehaltsverzicht, Abbau von Hierarchien, flexible Arbeitszeiten und bessere Arbeitsorganisation hätten Erfolg gehabt. Und doch wurde die versammelte Presse den Eindruck nicht los: Hier wird im dunklen Walde gesungen. Am Montag weiß man mehr über die Überlebenschancen der Werft. Dann wird das Werft-Gutachten der Beraterfirma McKinsey dem Senat vorgestellt.

Denn im Grunde ist die Zukunft der SSW zutiefst ungewiß. In den nächsten zwei Monaten müßten Vorstand und Konkursverwalter neue Aufträge hereinholen, sonst ist im September alles aus, wenn die zweite Fähre für die tunesische Cotunav-Reederei abgeliefert wird. Ob die Kostendeckung auch dann gilt, wenn nicht mehr, wie jetzt, alle nicht benötigten Arbeiter in der Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus geparkt werden können, blieb offen.

Um überhaupt ein Chance zu haben, die derzeit noch bestehenden 900 von ehemals 1800 Jobs zu retten, müßte Mypegasus bis Ende 1997 verlängert werden, forderten die Betriebsräte. Wer jetzt noch in Mypegasus ist, braucht sich keine Hoffnung mehr auf eine Rücckehr auf die Werft zu machen. „Die jetzt noch da sind, das ist unsere Kernmannschaft“, sagte Pflaumbaums Stellvertreter Bernd Lehmann.

Mypegasus-Chefin Ulrike Bohnenkamp unterstützte die Forderung nach einer Verlängerung ihrer Gesellschaft über den 30.April 1997 hinaus. Gleichzeitig äußerte sie sich aber skeptisch zu den Chancen der Vulkan-Arbeiter, die das gleiche Entgegenkommen als Bedingung für ihre Weiterarbeit bis zum endgültigen Ende der Vulkan-Werft gestellt hatten: Mypegasus sei ein strukturpolitisches Instrument, wenn es eine Chance zur Fortführung der Betriebe gebe, aber keine Alternative zum Arbeitsamt, sagte Bohnenkamp.

Die SSW Betriebsräte fordern außerdem, die landeseigene Beteiligungsgesellschaft Hibeg solle vorübergehend als Minderheitengesellschafter bei SSW einspringen. Das setzt allerdings voraus, daß von privaten Investoren aus der Region erstmal fünf bis zehn Millionen Mark privates Kapital eingesammelt werden müßte. Schiffbau-Experte Heiner Heseler gab ehrlich zu: „Aus Renditeerwartung macht das sicher niemand“. Seine Hoffnung liegt aber in einer Umorientierung der deutschen Schiffbau-Landschaft, „da könnte jemand industriepolitisches Interesse an SSW haben.“

Heseler betonte die potentiellen Chancen auf dem Markt für Fähr- und Spezialschiffe. Wenn SSW zwei Schiffe pro Jahr akquiriere, könnte die Werft überleben.

Bei SSW hieß es, man sei in aussichtsreichen Verhandlungen mit einer neuseeländischen Reederei über den Bau von einer größeren oder zwei kleineren Eisenbahnfähren. Allerdings habe der Auftraggeber wohl interne Schwierigkeiten, habe aber den Auftrag auch noch nicht anderweitig vergeben. Außerdem stehe ein weiterer Auftrag ins Haus. SSW soll aller Voraussicht für elf Millionen Mark eine neue Weserfähre Bremerhaven-Blexen bauen. Das löse nicht die Probleme, sei aber psychologisch wichtig. jof