Osterhase angeklagt

■ Prozeßauftakt gegen Kunzelmann wegen zweiten Eierwurfs auf Diepgen

„Mahlzeit!“ grüßte Dieter Kunzelmann, der Verhandlungssache angemessen. Wieder einmal stand er vor Gericht, weil er angeblich Nahrung zweckentfremdet hatte. Wieder war es ein Ei. Und wieder hatte Eberhard Diepgen dran glauben müssen.

Nach seiner Verurteilung zu fünf Monaten Haft ohne Bewährung aufgrund eines ersten Eierwurfs auf den Regierenden Bürgermeister mußte sich Kunzelmann gestern erneut wegen einer entsprechenden Attacke verantworten. Die Tat wurde pikanterweise während der Hauptverhandlung des ersten Eierübergriffs begangen: Kunzelmann hatte das Ei am 20. Dezember 1995 dem Zeugen Diepgen mit den Worten „Frohe Ostern, du Weihnachtsmann!“ auf dem Kopf zerdrückt.

Daß die Höhe der bereits verhängten Haftstrafe für den ersten Wurf auch von diesem Prozeßzwischenfall beeinflußt worden war, wollte gestern niemand bestreiten. In 99 von 100 Fällen werde bei dieser Sachlage die Anklage wegen Geringfügigkeit fallengelassen, erklärte Kunzelmann-Verteidiger Hajo Ehrig. Der Staatsanwalt konterte lapidar, daß man es eben mit dem hundertsten Fall zu tun habe.

So kam das Ei denn ins Rollen: Die Verteidigung beantragte, Diepgen als Zeugen zu laden, das Gericht stellte die Entscheidung darüber jedoch zurück. Dann monierte Kunzelmann, daß ihm am Eingang ein wichtiges Beweisstück – ein Behälter, in dem er die Tatwaffe hereingeschmuggelt habe – abgenommen worden sei.

Der Angeklagte Kunzelmann war während der Verhandlung um keinen Kommentar verlegen. Schon die Verlesung der Anklageschrift unterbrach er: „Sie nuscheln so!“ Das Gericht ließ sich auf einen Eiertanz mit dem Politprovokateur ein, drohte ständig mit Ordnungsstrafe. Schließlich plädierte Kunzelmann auf Inkontinenz, die Sitzung wurde zum wiederholten Male unterbrochen und schließlich auf nächste Woche vertagt. Klemens Vogel