Inge Viett ist frei

■ Nach vielen Jahren Untergrund und Knast endet linksradikale „Karriere“

Berlin (taz) – Als letzte der acht nach der Wende in der DDR festgenommenen früheren RAF-Mitglieder ist Inge Viett gestern aus der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken in Rheinland-Pfalz entlassen worden. Die Freilassung der 53jährigen erfolgte nach Anrechnung früherer Untersuchungshaft und zwei Dritteln der verhängten 13jährigen Haftstrafe.

Verurteilt worden war Viett wegen einer Schießerei in Paris im Jahre 1981, in deren Verlauf sie einen französischen Polizisten lebensgefährlich verletzt hatte. Der Mann ist seitdem fast bewegungsunfähig. In den siebziger Jahren galt Inge Viett als führendes Mitglied der vornehmlich in Berlin agierenden „Bewegung 2. Juni“. Zweimal wurde sie verhaftet, zweimal gelang ihr die spektakuläre Flucht aus Berliner Haftanstalten.

Auch an der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz im Jahre 1975 und dessen Austausch gegen fünf inhaftierte GenossInnen soll sie beteiligt gewesen sein. 1980 lösten Viett und andere Mitglieder die Gruppe auf und schlossen sich der RAF an. Inge Viett organisierte Anfang der achtziger Jahre die Übersiedlung aussteigewilliger RAF-Mitglieder in die DDR und entschloß sich selbst zu diesem Schritt.

Als einzige der in der DDR festgenommenen früheren RAF-Mitglieder weigerte sich Viett nach ihrer Verhaftung, gegen frühere GenossInnen aus der RAF oder der Bewegung 2. Juni auszusagen. Weil sie ausführlich über die Verflechtung von RAF und Stasi berichtete, entschloß sich das OLG Koblenz dennoch zur Anwendung der Kronzeugenregelung. gero