Investitionsplanung nach der Salamitaktik

■ Nur scheibchenweise beschließt der Senat neue Investitionen. Technologiepark Adlershof gefährdet

Der Senat steht vor einer weiteren schweren Belastungsprobe. Zur sogenannten Investitionsplanung, in der das Land die wichtigen Projekte für mehrere Jahre benennt, herrscht im Senat große Uneinigkeit. Finanzstaatssekretär Frank Bielka (SPD) kündigte gestern an, daß sein Haus auf einer solchen fünfjährigen Gesamtplanung der Investitionen bestehe. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) kündigte dagegen noch am Freitag vor der CDU-Fraktion an, er wolle einen solchen Rahmenplan möglichst vermeiden. Einzelne Projekte seien viel leichter durchzusetzen, so der Regierende, wenn es keine Investitionsplanung gebe. Der Streit um das Dokument, das üblicherweise zusammen mit dem Haushaltsentwurf vorgelegt wird, hatte den Senat schon im Dezember einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt.

Diepgens Salamitaktik findet in der Finanzverwaltung keine Freunde. „Genau dem System des scheibchenweisen Verabschiedens werden wir uns widersetzen“, sagte Frank Bielka. Der Grund dafür liegt in den Zahlen. Im Jahr 1998 sollen die Investitionen auf fünf Milliarden Mark begrenzt werden – so hatte es der Senat beschlossen. Doch die laufenden Bauvorhaben und fest vereinbarten Kaufabsichten der Senatsverwaltungen sprengen diese Obergrenze. Selbst mit den dringlichsten Neuanmeldungen, die in den letzten Wochen aus den Einzelressorts kamen, geriete die Investitionsplanung vollends aus den Fugen. Um 480 Millionen Mark im Jahr 1998, um jeweils über 700 Millionen Mark in den Jahren 1999 und 2000 würde die Planung überschritten.

Damit käme zum Notstand im laufenden Berlinbudget der Ausnahmezustand für die Investitionshaushalte der Jahre nach 1998. Das Abgeordnetenhaus behandelt den Etat für das bereits begonnene Haushaltsjahr immer noch – die Regierungsvorlage war wegen der mißglückten Haushaltsklausur viel zu spät eingereicht worden.

Das gleiche Problem steht nun für die Investitionsplanung an, die dem Abgeordnetenhaus bereits vorliegen sollte. Erster Streitpunkt dürfte der Wissenschaftspark Adlershof werden. Obwohl der High- Tech-Park ganz oben auf der Prioritätenliste des Senats steht, befinden sich die konkreten Summen noch nicht in der alten Investitionsplanung – und die neue (sofern sie beschlossen wird) bereits voll. Gefährdet ist vor allem die Verlagerung des naturwissenschaftlichen Campus der Humboldt-Universität, die insgesamt rund 700 Millionen Mark kosten soll (siehe Seite 23). Das Thema wurde wegen der zu erwartenden Differenzen bereits von der heutigen Tagesordnung des Senats genommen.

Der Regierende Bürgermeister will den Technologiepark in Adlershof auf Biegen und Brechen durchsetzen. Er hat durch eine Reihe öffentlicher Erklärungen sein politisches Schicksal an die integrierte Forschungs- und Produktionslandschaft im Südosten der Stadt geknüpft. Eine Vorlage von Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) wurde letzte Woche postwendend an das Wissenschaftsressort zurückversandt. Vor einem „Abspecken“ der Adlershofplanung, wie es Finanzstaatssekretär Bielka verlangte, warnt Wissenschaftsstaatssekretär Erich Thies. Die Planung liege bereits beim Wissenschaftsrat in Köln. „Da können wir jetzt nicht sagen, da nehmen wir diese oder jene Fakultät weg“, sagte Thies.

Die PDS hat gleichzeitig die komplette Finanzierung Adlershofs scharf kritisiert. „Alle Zahlen müssen auf den Tisch“, verlangte PDS-Fraktionschef Harald Wolff. Die PDS sei bei der Überprüfung der Finanzplanung auf zahlreiche Ungereimtheiten gestoßen. Christian Füller