■ Press-Schlag
: Hurra! Berlin hat seine Sixdays wieder

Eigentlich muß man mit Kisch beginnen. Kisch hat auch über Sechstagerennen geschrieben. „Da steht ein Pferd auf dem Flur“, schrieb Kisch. Vielleicht auch nicht. Vielleicht handelt es sich um eine Kostprobe jener Lyrik, die die Showbands von der Mitte der Halle aus unters Dach entsenden. Ist man einer von 12.000 im rohen Zement des Velodroms an der Landsberger Allee, kann man die geistige Orientierung schon mal verlieren.

Berlin hat sein Sechstagerennen zurück.

Der Held heißt Olaf Ludwig. Abend für Abend wird er verabschiedet. So sich Westler in die Halle verirren, ist dies der Moment, in dem sie eine Ahnung bekommen: Ludwig (36), Olympiasieger in Seoul, muß ein wichtiger Held gewesen sein. Gemächlich radelt er über die Bahn. Winkend. Zu für den Kollegen Maske komponierten Klängen. Tihime to sahahay goodbye. Emotion, marsch. Hoppla. Es geht eine Träne auf Reisen. Kollege Hübner wird auch verabschiedet. Tihime to... Hübner kriegt eine „Gänsehaut“.

Die Lokalpresse beschließt Enthusiasmus. Tradition! Sportpalast! Walzer! Vivat „Krücke“, unser legendärer Vorpfeifer! Ein kleines Problem: die neuen Besucher. „Normalerweise ist das Showprogramm die Hauptsache“, sagt Fahrer Pieter Pieters. Irritiert. Haut den Lukas. Freßt die Sau. Gebt Geld aus. Das ist Tradition! Was tun die Ostler? Wie, was? „Er ist nicht wie du“, trällert Marianne Rosenberg in diesem Moment. „Bleiben bis nachts um zwei auf ihren Sitzen“ (Organisator Seesing). Schauen sich Rundenrekordfahren an, als wäre es eine große Jagd. Nur weil der Hallensprecher (West) einen „weiteren Höhepunkt“ beschwört. Kreuzberger Nächte sind lang? Nicht alles glauben!

Gewinnen möge Olaf Ludwig. Heute, kurz vor Mitternacht. Letzte Jagd, der entscheidende Sprint. Tihihime to say... „Im 20. Jahrhundert muß es Sechstagerennen geben“, schrieben die Gebrüder Blattschuss, „denn das Volk verlangt es.“

Noch drei Jahre. pu