ÖTV-Basis läßt Solidarpakt platzen

■ Vertrauensleute lehnen weitere Verhandlungen über Sondertarif für Bremens Staatsdiener ab

Der Solidarpakt für den Bremer Öffentlichen Dienst ist wohl endgültig gestorben. Die Basis der Gewerkschaft ÖTV will nicht mehr mitmachen: Die VertrauensleutesprecherInnen der ÖTV-Kreisverwaltung Bremen haben am Montag abend beschlossen, „weitere Verhandlungen über eine „Bremer Öffnungsklausel“ für den bundesweiten Tarifvertrag abzulehnen.

Das Angebot der Arbeitgeber sei „völlig unannehmbar“. Die Leute hätten ein klares Bekenntnis des Senats zu den ursprünglichen Zielen des Solidarpaktes vermißt, so die ÖTV-Kreisvorsitzende und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Gisela Hülsbergen.

Damit ist die Idee gescheitert, Gehaltsverzicht in neue Stellen und Ausbildungsplätze in Ämtern und Verwaltungen umzumünzen. Wie ihre KollegInnen in anderen Bundesländern auch werden die BremerInnen nun 1,3 Prozent mehr Geld bekommen.

Das letzte Wort der Arbeitgeber stammte vom 4. Dezember: Die Tariferhöhung wird um neuen Monate bis Oktober verschoben, es gibt zwei zusätzliche freie Tage (mit entsprechend weniger Geld) und als Gegenleistung für den Verzicht der Arbeitnehmer keine betriebsbedingten Kündigungen sowie 100 neue Ausbildungsplätze.

Obwohl sich die Gewerkschaften eine Bedenkzeit bis Ende Februar ausbedungen hatten, ist nun eine Vorentscheidung gefallen. „Wir sind eine Mitgliederorganisation“, sagt ÖTV-Bezirkschef Jan Kamannn. Daß die für die Verhandlungen zuständige ÖTV-Tarifkommission gegen das Votum der Basis entscheidet, kann sich Kamann nicht vorstellen. Er werde sich jetzt mit der ÖTV-Bundeszentrale in Stuttgart beraten und dann wohl die Gespräche beenden. „Es hat keinen Sinn, daß sich die Sache länger hinschleppt, wenn keiner eine zündende Idee auf den Tisch legt.“

Für den Senat ist die Entscheidung der Gewerkschaft ein Schlag ins Kontor, hatte die Senatskommission für das Personalwesen (SKP) im Vorfeld der bundesweiten Tarifverhandlungen doch lange – und letztlich erfolgreich – für einen Bremer Sonderweg geworben. „Ich bedauere den Beschluß der Vertrauensleute sehr“, sagte SKP-Chef Johannes Beermann (CDU), Staatsrat von Bürgermeister Ulrich Nölle. Besonders peinlich: Am Freitag wird im Bundesrat über einen Bremer Gesetzesentwurf beraten, mit dem die mit der ÖTV erhoffte Regelung auf die Beamtenbesoldung ausgedehnt werden soll.

Ursprünglich habe der Senat mit der Bremer Öffnungsklausel 18 Millionen Mark Personalkosten einsparen wollen. Diese Summe sei durch Zugeständnisse an die Gewerkschaften schon beträchtlich geschrumpft, rechnet Beermann.

Die Vertrauensleute, VertreterInnen der 8.350 ÖTV-Mitgliedern in Bremens auf etwa 30.000 Beschäftigte geschätzten öffentlichen Dienst, zeigten sich am Montag abend enttäuscht, daß es seit Dezember keine Bewegung der Arbeitgeber gegeben habe. Außerdem hätten die Leute seit Jahresbeginn festgestellt, wie wenig netto von den 1,3 Prozent Tariferhöhung übrigbliebe, sagte die ÖTV-Vorsitende Hülsbergen. Verärgert hat die GewerksvchafterInnen auch, daß die Bremer Koalition keine einheitliche Linie zum Solidarpakt gefunden habe. Während man mit der SPD auf Kompromißlinie gefahren sei, habe die sich nie eindeutig für die Grundidee des Solidarpaktes ausgesprochen. Auch die Debatte um Arbeitszeitverlängerungen für LehrerInnen habe das Vertrauen schwinden lassen. jof