■ Endlich entdeckt: Der Plakatschänder von Augsburg
: Liberaler Postenkönig

Augsburg (taz) – Ehrwürdig und reichsstädtisch-edel klingt die Ansage auf dem Anrufbeantworter: „Grüß Gott, hier ist der Anschluß von Toni Resch, Geograph und Stadtrat zu Augsburg...“

Weniger ehrwürdig und weniger reichsstädtisch-edel der jüngste Auftritt des FDP-Rates Toni Resch (44). Eine Polizeistreife entdeckte ihn Dienstag nacht vor dem Augsburger Justizgebäude. Dort versuchte der stellvertretende Kreisvorsitzende der Liberalen gegen ein Uhr, ein Plakat seiner politischen Gegner, des Bürgerforums „Augsburg lebenswert“ anzuzünden. Als dem Geographen das nicht gelang, zerstörte er das ungeliebte Ding blindwütig und beförderte es in einen Abfallkorb. „Das Plakat hat mich provoziert“, gab er zunächst an, und er habe sich zornig gefühlt. Zwischenzeitlich verweigert der Stadtrat zu Augsburg jegliche weitere Stellungnahme zu seinen Motiven.

Der Oberstleutnant der Reserve, der gern mit seinem Vorsitz beim Reservistenverband kokettiert und jahrelang in Augsburg für jeden nur erdenklichen Posten kandidierte, fällt nicht zum ersten Mal auf. Als „Postenkönig“ hat er sich in der Fuggerstadt längst einen Namen gemacht, und das kommt nicht von ungefähr. „Es gibt in Augsburg keinen, der mehr Posten und Ausschußsitze innehat als Toni Resch“, meint Christl Kamm, Grünen-Stadträtin. „Im Stadtrat selbst hört man nicht viel von diesem CSU-Mehrheitsbeschaffer, der doch von den Christsozialen nur deshalb mit Posten und Pöstchen überhäuft wird, damit diese wackelige Mehrheit hält.“

Seitdem die CSU nicht mehr auf die Reps als Mehrheitsbeschaffer bauen kann, hat sie sich in Augsburg die ausgesprochen dünne Mehrheit durch Vereinnahmung dreier schillernder „Überläufer“ gesichert. Der wiederum schillerndste von allen ist der Plakatschänder Resch. Bei öffentlichen Empfängen, wie dem Neujahrsempfang, wird Toni R. zumeist in unmittelbarer Nähe des Stadtoberhaupts gesichtet. Kein Wunder, ist er doch als Multi-Aufsichtsrat (u.a. Stadtsparkasse, Erdgas Schwaben, Flughafen-GmbH, Städtische Wohnungsbaugesellschaft, Müllanlage Augsburg u.v.a.m.) auf die Nähe zum OB angewiesen. Neben seinen Ausschußsitzen bringt es der Plakat-Freund auf über ein Dutzend Pöstchen – und das, obwohl der von vielen als „Jörg-Haider-Verschnitt“ titulierte FDP- Mann früher leidenschaftlich gegen den Filz in der Augsburger Verwaltung trommelte.

Daß die FDP mit ihren lächerlichen 1,7 Prozent überhaupt zwei Stadträte stellen kann und Toni Resch als Nachrücker seines nicht minder angepaßten Kollegen Jürgen Bruggey in den Rat nachrücken konnte, liegt an einem weiteren FDP-CSU-Deal. Bruggey avancierte vom ehrenamtlichen Stadtrat zum Berufsstadtrat, nachdem er zum Umweltreferenten berufen wurde. Schon war Platz geschaffen für Nachrücker „Toni Plakati“. Und der kommt, wie die Bündnisgrünen errechnet haben, durch seine Ämter auf rund 6.000 Mark monatliche Ehrenamtsbezüge. „Polit-Gewinnler“ tituliert die Grünen-Rätin Kamm den FDP-Mann, der sich vor der Kommunalwahl 1990 nicht zu schade war, auch eine mögliche Zusammenarbeit mit den Republikanern anzudenken und zu propagieren. Und dann war da auch noch diese Geschichte mit der Geschäftsidee in Sachen Bauausschuß-Tagesordnungen. Die wollte Resch vor seinem Stadtratsmandat, als er noch Assistent seines Vorgängers Bruggey war, für eine Abogebühr von 184 Mark an interessiere Bauträger verscherbeln.

Doch jetzt muß er sich erst einmal mit dieser Strafanzeige herumschlagen und sogar in seiner Lokalzeitung lesen, daß er untragbar geworden sei. Zurücktreten will er freilich nicht, zumindest nicht freiwillig. Warum auch? Wegen Sachbeschädigung? Wo es doch bloß um ein Plakat des „Forum Augsburg lebenswert“ ging, jener Gruppierung, die vergangenes Jahr dem von ihm so geschätzten Baumulti Ignaz Walter seine grandiosen Tiefgaragenpläne versalzte. Wiederholungsgefahr bestehe bei ihm nicht, meint Resch. Insgesamt sind jedoch in Augsburg in den vergangenen Wochen über 100 Plakate zerstört worden. Ob vielleicht doch ein weiterer Nebenjob des Toni R. dahintersteckt? Klaus Wittmann