Die reine Lehre im Hochtief

■ Mit Kemistry & Storm und Doc Scott kommt die Drum'n'Bass-Eliteschule

Drum'n'Bass für Papa? Viele Väter, die Samstags dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen treu geblieben sind, kennen jenen schnellen Sound, der dem Sportschau-Trailer unterlegt ist. Auch Citroen scheint von der Überzeugungskraft dieser Musik überzeugt zu sein, die den Härtetest der Karossen werbewirksam begleitet.

Wer aber einmal das Blue Note, den Londoner Club der Metalheadz-Posse, besucht hat, erkennt schnell, daß Drum'n'Bass keinesfalls das Easy-Listening-Programm der elektronischen Musik ist, wie es die Werbung nahelegt. Vielmehr hat sich Drum'n' Bass, wie ihn Goldies Label versteht, im Laufe der Zeit aus dem sogenannten „Hardcore Jungle“ entwickelt und grenzt sich deutlich vom ursprünglichen Jungle ab. Während im Jungle nette Tanzliedchen wie etwa Anita Bakers „Sweet Love“ plump mit Breakbeats unterlegt wurden, versteht sich Drum'n'Bass als Experiment. In zeitaufwendiger Kleinarbeit werden die nur für 20 Einsätze gefertigten Dubplates produziert und während einer allwöchentlichen Session im Blue Note feierlich abgemischt und vor Publikum getestet. Metalheadz-DJs wie Goldie, Fabio, Grooverider und Doc Scott, der diesen Monat nach Hamburg kommt, remixen sich gegenseitig, wobei nicht nur die Geschwindigkeit der Breakbeats entscheidend ist, sondern der Einsatz der Bässe, die hart, aggressiv und düster jeglichen Wunsch nach Harmonie verhindern.

Initiator des Clubs ist aber nicht etwa die Galionsfigur Goldie, sondern zwei Frauen: Kemistry & Storm. In einer dunklen Ecke des Kellerraums remixen sie ihre Dubplates mit allem, was ihnen zwischen die Finger kommt. Daß die beiden Freundinnen in der Öffentlichkeit dennoch stark unterrepräsentiert sind, liegt sicherlich daran, daß sie sich den kommerziellen Spielchen der Branche, mit denen Goldie sich einen Namen machte, generell entziehen. Da ihnen die Liveabende wichtiger sind, produzieren sie ungleich weniger als die männlichen Metalheadz-Mitglieder.

Zu hoffen bleibt allerdings, daß die Ursache für die mangelnde Resonanz nicht geschlechtsspezifisch ist. Denn Frauen und Musik – das ist bekanntlich eine schwierige Angelegenheit, insbesondere wenn diese in die „männliche Domäne“ der elektronischen Musik eindringen. Glücklicherweise haben am kommenden Dienstag alle die Möglichkeit, etwaige Vorurteile gegenüber weiblichen DJs zu revidieren. Es wird garantiert kein Pussykram. Gut zwei Wochen später wird dann Doc Scott im Mojo Club die Blue-Note-Session fortsetzen. Claude Jansen Kemistry & Storm: Di, 4. Februar / Doc Scott: Do, 20. Februar, jeweils 22 Uhr, Mojo Club