Der Mutterkomplex eines Don Quichottes

■ Die wahre Depressionskomödie: Die Mutter des Killers von Volker Einrauch

In Krisenzeiten gibt sich das Kino gerne betont ausgelassen und heiter. Und nach den Zumutungen mancher deutscher Komödien nimmt sich ein Low-Budget-Film wie Die Mutter des Killers von Volker Einrauch wie ein kostbares Kleinod aus und zugleich wie eine bestechende Empfehlung für den einen und wahren Depressions-Clown. Eddie (Dieter Landuris) heißt er hier, ist Bestattergehilfe und lebt dort, wo der Himmel besonders schwer und horizontlos über den Gemütern zu liegen scheint, in Hamburg-Wilhelmsburg.

Er ist ein Loser, den eigentlich jemand im Film töten müßte. Schon allein um das Image der Ganovenzunft zu retten. Das schmächtige Stehaufmännchen mit den klobigen Sprüchen und fahrigen Bewegungen ist ein kleinkrimineller Don Quichotte. Ein solider Mord oder wenigstens eine Prügelei mit apokalyptischem Ausgang muß her. Irgendetwas jedenfalls, mit dem Eddi nicht nur den Unverschämtheiten muskelbepackter Unterweltprolls eins drauf geben kann, sondern zugleich der schwer zufriedenzustellenden Mutter die eigene Mannhaftigkeit unter Beweis stellt. Dort, wo Schläger Namen wie „Bomber“ tragen, sich alle als stolze Kriminelle gebärden, für die ein Schuß nicht aufregender wirkt als ein Schimpfwort, ist das Leben für jemanden wie Eddi ohne mütterliche Zuwendung einfach zu hart.

So kämpft und strauchelt er. Vor allem gegen den Konkurrenten und Hobbypoeten Theo (Peter Lohmeyer). Zu Lebzeiten bekam der Rivale die beste Frau der Gegend ab, und mit seinem Tod steigt er gar zum unbezwingbaren Mythos auf, dem obendrein noch posthume Dichterehren zuteil werden.

In spröden, engen Einstellungen bleibt der Kamerablick (Bernd Meiners) ganz nah bei den Figuren, läßt sie in scheinbar losem Nebeneinander agieren, um sie doch gleichzeitig geschickt und schicksalhaft miteinander zu verzahnen. Eine Szene spart hier alle Wenders- Engel. Da sitzt der Totgeglaubte Theo neben einem zu Ermordenden auf einer Bank, macht sich als überirdische Erscheinung interessant und verheißt dem reichen Gatten der Geliebten ein nahes Ende, statt ihn, wie befohlen, umzuballern. Hinter ihnen die Köhlbrandbrücke, die nicht nur Stadtteile, sondern auch Himmel und Hölle zu verkuppeln scheint. Auch bei jedem weiteren Treffen bleibt es bei wichtigtuerisch düsteren Einflüsterungen. Zur Tat kommt es nie. Ein Umstand der dem Ganoven den Beinamen „das Weichei“ und dem Film einen der schönsten Momente einbringt, in denen sich großkotziger Aktionismus entkräftend mit kleinmütiger Rührung paart. B. GlombitzaAbaton, Zeise