Orwellsche Vision

■ Experten sehen in Scientology eine neue Spielart des politischen Extremismus

Scientology, „das ist eine Spielart totalitärer Ideologie, die wir noch nicht hatten.“ Schleswig-Holsteins Sektenbeauftrager Hans-Peter Bartels steht mit dieser Auffassung nicht allein. Auf einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung der SPD-Fraktion, die gestern im Kieler Landeshaus stattfand, erklärte der Sektenexperte, Scientology sei weder ein kriminelles Wirtschaftsunternehmen noch eine Form organisierter Kriminalität wie die Mafia. Es handle sich vielmehr um eine politisch extremistische Organisation.

Für eine gezielte Beobachtung käme der Verfassungsschutz in Frage, waren sich Bartels und Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionsvorsitzende Ute Erdsiek-Rave einig. Eine solche Überwachung würde sich allerdings nicht auf alle Mitglieder erstrecken, sondern hauptsächlich auf die Funktionärsebene, meinte Fritz Achim Baumann, Leiter des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen. Seiner Meinung nach läßt sich die Vorstellung, „Scientology sei unpolitisch, weder mit ihren Programmen noch mit ihrem Verhalten begründen“.

„Wer die Religionsfreiheit ernst nimmt, muß aufdecken, wenn unter dem Deckmantel der Religion etwas anderes geschieht“, erklärte Detlef Bendrath, Sektenbeauftragter der evangelischen Kirche in Schleswig-Holstein. Zugleich warnte er vor Hysterie im Umgang mit Scientology: „Diese Organisation arbeitet damit, daß sie versucht, Angst zu säen“, sagte Bendrath. Bei der Suche nach Erkennungsmerkmalen für Scientologen dürfe die Gesellschaft keinen neuen „Hexenhammer“ schaffen.

Scientology-Aussteiger Norbert Potthoff bestätigte die Existenz eines Scientology-Straflagers in Kopenhagen. Dort würden Menschen mit Sprech- und Kontaktverbot, harter körperlicher Arbeit und Schlafentzug bestraft, berichtete er. Den Scientologen geht es seiner Ansicht nach darum, einen totalitären Staat nach der Vision George Orwells zu schaffen. „Scientologen werden abgerichtet wie Laborratten.“ Die Arbeit der Organisation wertete Potthoff als „eine neue Form organisierter Kriminalität“. Im übrigen zeichne sich die Organisation, die sich selbst mit den verfolgten Juden vergleiche, durch ausgeprägten Rassismus aus. dpa