Gefahr für die Truppe

■ Bundeswehrler fürchten „verletzende Tiefschläge“, wenn die Wehrmachtsausstellung gezeigt wird

Generalmajor Christian Hellwig macht sich große Sorgen. Sorgen um den guten Ruf seiner Truppe. „Verletzende Tiefschläge“ sieht der Befehlshaber von Bremen und Niedersachsen für seine Soldaten voraus – wenn die geplante „Wehrmachtsausstellung“ nach Bremen kommt. „Unausweichliche Randerscheinungen“ würden die Bundeswehrler treffen. Und der Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz gab ihm Recht: „Wir haben ein gemeinsames Interesse, daß die Ausstellung nicht die Bundeswehr beschädigt. So wie sie angelegt ist, besteht die Gefahr“.

Da war man sich im Grunde einig auf dem pompösen Bundeswehrempfang, zu dem 400 geladene Freunde der Bundeswehr im oberen Rathaussaal erschienen waren. Übrigens zum erstenmal: Sonst mußten die Bundeswehrler ihre Neujahrsreden entweder in Kasernen oder andere Verwaltunghäusern des Heeres halten. Doch das „immer engere Verhältnis zur Politik“ habe nun diese Einladung von Bürgermeister Henning Scherf möglich gemacht – munkelten die anwesenden Reservisten und oberen Soldaten. Und Gastgeber Scherf dankte für diesen engen Kontakt und zeigte sich wie immer von seiner freundschaftlichsten Seite: „Es soll ja schließlich keiner sagen, daß sich Uniformen in Bremen im Rathaus nicht blicken lassen dürfen.“

Die nette Einladung könnte jedoch auch als „Bonbon“ für die heiß umstrittene Wehrmachtsausstellung verstanden werden. „Vielleicht haben Sie uns deshalb eingeladen“, vermutet ein Gast. Doch so schnell wollte sich der eingeladene Trupp dann doch nicht trösten lassen. Generalmajor Hellwig konnte sich eine hieroglyphische Anmerkung zur Ausstellung nämlich nicht verkneifen. Er wolle anmerken, „daß die Soldaten darauf vertrauen, daß Senat und Bürgerschaft alle mit der Gestaltung der Ausstellung zusammenhängenden Fragen mit Problembewußtsein und Sensibilität handhaben“, so Hellwig in seiner Neujahrsansprache – „hierfür, Herr Bürgermeister und Herr Präsident, schon jetzt herzlichen Dank“. Da ging ein wissendes Raunen durch den Saal.

Höchste Sensibilität konnten die Bundeswehrler dann tatsächlich von Bürgerschaftspräsident Metz erwarten. Interessiert stand Generalmajor Hellwig hinter ihm, als der Präsident bedächtig an die Kanzel trat: Es müsse verhindert werden, daß „durch diese Ausstellung und die Diskussion um diese Ausstellung die Bundeswehr und ihre Angehörigen in Mitleidenschaft gezogen werden,“ sagte Metz mit ruhiger Stimme und die 400 Gäste knatschten bedächtig mit ihren Füßen auf dem Holzparkett im Saal.

Doch Bürgermeister Scherf blieb standhaft. Mit Sicherheit sei die Wehrmachtsaustellung eine Provokation. Aber schließlich hätte er sie ja nicht „erfunden oder gar nach nicht Bremen geholt.“ Nun sei das Problem also da und müsse angepackt werden. Dazu sei ja nun auch das geplante Expertenforum da. Einen „Konsens“ wolle man da finden und „tiefe Verletzungen aufarbeiten.“ Eines jedoch dürfe nicht getan werden: „Wir dürfen vor dieser Provokation nicht weglaufen, sondern müssen daraufzugehen“, appellierte er an die Gäste. Und lud sogar junge Soldaten zum Besuch der Ausstellung ein.

Es scheint fast so, als hätte Scherf die bundeswehreigene Zeitschrift „Truppenwehr – Praxisausbildung“ ausführlich studiert. Das Blatt hatte zum Thema „Geschichte der Wehrmacht“ folgendes zu sagen: „Wer sich informieren will, dem sei (...) ein Besuch der beklemmenden Ausstellung ,Vernichtungskrieg'. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, empfohlen.“

Das konnte einem anwesenden Offizier so ziemlich egal sein. „Mir ist nicht klar, warum darum soviel Wirbel gemacht wird. Ich weiß sowieso nicht, warum der Major dazu heute etwas sagt“, wundert er sich. „Wir wollten uns als Bundeswehr da eigentlich raushalten“, sagt auch ein Presseoffizier, „schließlich haben wir mit der Wehrmacht ja gar nichts zu tun. Wir sind ja die Bundeswehr und damit Bürger in Uniform.“ kat