Sparkonzept mit vielen Unbekannten

■ Nach Senatsklausur drohen Verteilungskämpfe der Ressorts, Verwaltungsreform muß nun her

Der Spardruck soll für einen Quantensprung in Bremens Verwaltung sorgen. Um die gestern vom Senat in einer mehrstündigen Klausur festgesetzten Sparziele von 240 Millionen allein aus dem konsumptiven Haushalt hereinzubringen, müssen sich die Ämter grundlegend wandeln. „Unter dem Finanzdruck müssen bürokratische Strukturen aufbrechen“, sagte Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Es gebe keine Alternative.

Im Klartext: Die gesteckten Sparziele sind nur zu verwirklichen, wenn die Verwaltungsreform umgesetzt wird: Abschied von der Kameralistik und hin zu betriebswirtschaftlicher Rechnungslegung, harte Kritik aller Aufgaben, Budgetierung für einzelne Verwaltungs einheiten und mehr Verantwortung für Mitarbeiter – all das soll in einem Jahr umgesetzt werden.

Denn schon 1998 sollen die Ressorts zusammen 40 Millionen aus ihren überhaupt nur rotstiftfähigen konsumptiven Mitteln hergeben, 1999 würden 80 und 2000 dann 120 Millionen fällig. Die Investitionen sollen nicht angetastet werden. Diese Spar-Eckwerte seien nach einem komplizierten Schlüssel unter Berücksichtigung der nicht streichbaren gesetzlichen Aufgaben berechnet worden, sagte Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU), alle SenatorInnen hätten dem Verfahren zugestimmt. Dennoch: Verteilungs kämpfe stehen bevor. Die großen Ressorts – Soziales, Gesundheit, Bildung, Bau – hätten die größten Probleme, ihre Quoten zu erbringen.

Wo letztendlich der Rotstift regiert, wird am 4. März bestimmt: Denn um noch einen Rest Gestaltungsfreiheit zu haben, wird vorsorglich erstmal mehr gespart als die vereinbarten 40 Millionen in 1998, nämlich 60 Millionen. Die so anfallenden „Reservemittel“ sollen dann auf einzelne Ressorts verteilt werden, die ihre Sparvorgaben nicht schaffen oder politisch begünstigt werden sollen. Die CDU meldete schon Begehrlichkeiten an: Inneres (Polizei) und Sport.

Weiterhin beschloß der Senat, bisher staatliche Aufgaben wie die Verwaltung von Immobilien künftig an eine privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft zu geben. Außerdem soll eine Landesentwicklungsgesellschaft und eine eine landeseigene Investitionsförderbank gegründet werden, um schneller handeln zu könne. „Keine Schattenhaushalte“, sagte Nölle, sondern „moderne Finanzierungsinstrumente“, die leistungsfähiger seien als die bisher in den Ämtern gepflegte Kameralistik. Eine neue Hafenentwicklungsgesellschaft soll die Hafenreviere rechts der Weser entwickeln und die Flächen vermarkten. Wer soll in diesen neuen Gesellschaften arbeiten, wenn doch der Personalhaushalt eingefroren wird? „Wir müssen Beamte dazu bringen, dorthin zu gehen und dort betriebswirtschaftlich zu arbeiten“, so Nölle.

Die Opposition reagierte skeptisch: Für AfB-Mann Patrik Wendisch kommen die Reformmanstrengungen in der Verwaltung drei Jahre zu spät. Und: Mit den neuen Gesellschaften hätten sich die klassischen Schattenhaushalte in Halbschattenhaushalte verwandelt. Der Grüne Dieter Mützelburg nannte den Senatsbeschluß „Mittwochslotto“, weil noch niemand wisse, welche Leistungen tatsächlich gestrichen und welche Einrichtungen dichtgemacht würden. „Spätestens, wenn im März die entsprechenden Eckwerte in den Ressorts festgelegt werden, fliegt den Machern das Zahlenwerk um die Ohren.“ Bürgermeister Scherf dagegen gibt sich als Reformer: „So ist das eben, wenn man Verwantwortung dezentral verlagert“. jof