Bernardo hält noch ganz gut mit

Wie Fußballer Bernd Schuster versucht, beim mexikanischen Klub Universidad Nacional seine Karriere einem versöhnlichen Ende zu nähern  ■ Aus Mexiko-Stadt Anne Huffschmid

Was immer der auch gekostet haben mag“, schwärmt Paula mit blitzenden Augen, „Bernardo ist bestimmt sein Geld wert!“ Die angehende Buchhalterin hat zusammen mit ihren Freundinnen vor den Toren des Olympiastadions gerade ein Autogramm von einem sehr blonden Kicker ergattert. Sein Name ist Bernd Schuster, und er soll ihre heißverehrten Pumas, die Mannschaft der mexikanischen Nationaluniversität, auf Vordermann bringen. Seit Ende Dezember trainiert Schuster (37) in der dünnen Luft der mexikanischen Hauptstadt, mindestens bis Juni ist er bei der Universidad Nacional Autónoma de México unter Vertrag.

Knallblau ist der Himmel über dem Olympiastadion inmitten des gigantischen Uni-Campus im Süden der 20-Millionen-Stadt. Nur die Ränder sind verdächtig graugelb verfärbt. Der Smog aber mache ihm nicht zu schaffen, versichert Schuster beim taz-Gespräch nach dem Training. Eher schon die Höhe – Mexiko-Stadt liegt 2.200 Meter über dem Meeresspiegel – eigentlich aber fühle er sich „sehr wohl“.

Und tatsächlich macht das ewige Sorgenkind des deutschen Fußballs, das bekanntlich vor allem der Presse nicht sonderlich wohlgesonnen ist, einen ganz und gar unschrecklichen Eindruck. Kein Zweifel, der deutsche „Ballzauberer“ (Der Spiegel) und „alternde Querulant“ (Berliner Zeitung) ist der Star der Saison in Mexiko: Tag für Tag warten Reporter mit gezückten Notizblöcken am Rand des Spielfelds auf ihre Chance, diverse Kamerateams halten auf dem Rasen vor allem nach dem großen Blonden Ausschau, und die mexikanischen Sport- Shows widmen ihm stundenlange Sondersendungen.

Schuster ist gerade in Mexiko kein Unbekannter. Schließlich hat er bei Real Madrid lange Zeit zusammen mit dem wohl berühmtesten mexikanische Fußballer, dem Stürmer Hugo Sánchez, gespielt. Und während die deutsche Presse im letzten Frühjahr nach den Querelen bei Leverkusen endgültig den Abgesang des eigenwilligen „blonden Engels“ (Bild) beschworen hatte, will dieser in Mexiko zum Schluß noch einmal richtig Fußball spielen.

Im Moment sähen es viele gerne, wenn Bernardo auch nach Vertragsende dem mexikanischen Fußball erhalten bliebe, als Trainer oder gar als Gründer einer Fußballschule. Er selbst kann sich das „gut vorstellen“. Auch wenn es zunächst wieder zurück an den heimischen Hof nach Bergisch Gladbach gehen soll, will sich Schuster „die Türen nach Mexiko offenhalten“.

Land und Leute werden ihm nach dem halben Jahr vertraut sein, alle Mitglieder der sechsköpfigen Familie sprechen fließend spanisch. Ohnehin will er später als Trainer arbeiten. Wann und wo, da möchte er sich derzeit noch nicht so genau festlegen. „Jetzt geht's erst mal drum, hier zu gewinnen!“

Kein leichter Vorsatz: Die Pumas gehören gegenwärtig nicht gerade zu den Sternen am mexikanischen Fußballhimmel, unter 18 Mannschaften erreichten sie zuletzt Platz 12. Daß der Deutsche sie nun gleich auf den ersten Platz hieve, das erwarten zumindest die studentischen Autogrammjägerinnen nicht von ihm.

„Schließlich ist er ja auch nicht mehr der Jüngste“, sagt Paula verständnisvoll, „aber wenn Bernardo uns unter die ersten fünf bringen könnte, das wäre schon toll.“

Bisher tritt Bernd Schuster auf dem mexikanischen Spielfeld allerdings eher verhalten in Erscheinung. Beim ersten Ligaspiel der Saison war er ganze 17 Minuten auf dem Platz. Auch bei einer weiteren Partie agiert er eher verhalten.

Die Sportreporter scheinen es ihm bislang nicht übelzunehmen. Im Gegenteil: Man lobt seine ökonomische, hauptsächlich auf eigenen Ballbesitz ausgerichtete Spielweise. Bei diesem schnellen Rhythmus, so kommentieren die Mexikaner nach dem Schlußpfiff anerkennend, habe der Enddreißiger „noch ganz gut mitgehalten“.