■ Die Bündnisgrünen und ihr Anteil am Fall Vera Lengsfeld
: Sie mauscheln längst kräftig mit

Es spricht vieles dafür, daß sich demnächst die Staatsanwaltschaft um die Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld kümmern muß. Die Thüringerin hat zwei Jahre lang eine Mitarbeiterin beschäftigt, deren Gehalt aus Mitteln des Bundestags stammt. Ihre Arbeit allerdings war strikt privater Art – Lengsfeld sprach selbst öffentlich immer von einer „Kinderfrau“. Es gibt viele Menschen in diesem Lande, die sich über diese kleine Affäre, die den Straftatbestand der Veruntreuung von Staatsgeldern erfüllen könnte, nicht wundern werden. Politiker sind so, heißt es.

Ob Abgeordnete sich gegenseitig ihre Ehefrauen anstellen, um ihre Diäten etwas zu erhöhen, oder ob ein Minister sich die Putzfrau öffentlich per Arbeitsamt fördern läßt: das regt fast niemanden mehr auf. Die politische Klasse erweckt seit jeher den Eindruck, alles in Anspruch zu nehmen, was an Privilegien zu genießen ihnen das Gesetz nicht verbietet. Bestenfalls haben ihre Gepflogenheiten einen negativen Beigeschmack. Und von dem konnten sie noch immer hoffen, daß er sich im Laufe der Zeit verflüchtigt.

Auch dieses landläufige Gefühl hat die Grünen einst stark gemacht. Sie wollten die Republik transparent machen. Mauscheleien – nicht mit uns! Man sollte sie nun daran erinnern: Es war ihr Abgeordneter Otto Schily, der im parlamentarischen Untersuchungsausschuß zur Flick-Affäre maßgeblich dazu beitrug, den Grafen Lambsdorff zu desavouieren. Sie waren es, die alles skandalisierten, was sich im Laufe der Jahre in der Bundesrepublik an schlechten Gewohnheiten eingebürgert hatte. Deshalb ist die Affäre um die Usancen der Frau Lengsfeld auch eine Niederlage für die Grünen.

Die Indizien weisen darauf hin: In der Bonner Grünenfraktion wußte man sehr genau, daß die Thüringer Abgeordnete sich nicht nur jeder demokratischen Diskussion in ihrem Landesverband entzog. Und sie wußten wohl auch, daß ihre Mitarbeiterin Arbeiten zu erledigen hatte, die nicht durch die Gesetze gedeckt sind. Eine Kinder- und Putzfrau zu halten ist nicht ehrenrührig – aber Lengsfeld hätte sie aus eigener Tasche bezahlen müssen. Doch die Grünen haben diese Praxis gedeckt – und vertuscht.

Bloß nichts an die Öffentlichkeit, das schade nur dem Ruf der Partei, hieß es. Der ist nun erst recht beschädigt. Das stimmt wehmütig: Daß sie allmählich, was die politische Parteienkultur anbetrifft, verwechselbar werden. Jan Feddersen