Justizfarce endet mit Freispruch für Berlusconi

■ Gericht sieht keine Verschwörung gegen Exermittler Di Pietro – der auch nicht

Rom (taz) – Das Schwurgericht Brescia hat gestern alle Angeklagten im Prozeß um die angebliche Verschwörung gegen den ehemaligen Antikorruptions-Staatsanwalt Antonio Di Pietro freigesprochen. Darunter Paolo Berlusconi, Bruder des Medienzaren und ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi; Cesare Previtti, Berlusconis früherer Verteidigungsminister, und mehrere Ministerialbeamte. Das Urteil war erwartet worden, schließlich hatte Di Pietro selbst stets bestritten, 1994 aufgrund einer Erpressung zurückgetreten zu sein.

Tatsächlich war der Prozeß auch gar nicht zum Zweck einer Verurteilung des Berlusconi-Clans angestrengt worden, sondern im Gegenteil, um den durch allerlei Prozesse Gebeutelten mit Hilfe eines Freispruchs wenigstens in einem Verfahren eine gewisse Rehabilitation zukommen zu lassen – und um Di Pietro zu demontieren.

Denn obwohl die Vorhalte der Staatsanwaltschaft Brescia gegen Di Pietro wegen Vorteilsnahme und Amtsmißbrauch am Ende gar nicht zum Verfahren zugelassen wurden, gab der federführende Staatsanwalt Fabio Salomone nicht auf – er hatte privat ein Hühnchen mit Di Pietro zu rupfen, hatte dieser doch seinen Bruder, einen sizilianischen Unternehmer, wegen Bestechung angeklagt.

Und so kehrte Salomone die Sache einfach um und behauptete plötzlich, Di Pietro sei seinerzeit aufgrund einer Erpressung durch die Berlusconis zurückgetreten. Schon zu Prozeßbeginn erkannte Di Pietro, daß in diesem Verfahren vor allem er selbst vorgeführt werden sollte: die Zeugenliste des Staatsanwalts ließ kaum einen anderen Schluß zu. Da waren Dutzende von Personen aufgelistet, die nichts mit dem Fall zu tun hatten, jedoch eine gelinde Wut auf den ehemaligen Oberermittler nährten, weil er sie vordem angeklagt hatte. Konsequenterweise weigerte sich Di Pietro, vor Gericht auszusagen – zumal die Ermittler von Brescia in mehreren Hausdurchsuchungen seine gesamtes Prozeßmaterialien beschlagnahmt hatten, was erst später „aufgrund offenkundiger Illegalität“ annulliert wurde.

Silvio Berlusconi meint, daß nun für seinen Clan „endlich einmal Gerechtigkeit gewaltet hat“ und sucht das Urteil zu einem Präjudiz für das halbe Dutzend weiterer Verfahren zu machen, denen er und seine Verwandtschaft ausgesetzt sind. Das allerdings wird schwer werden – in allen anderen Verfahren, die in Mailand abgewickelt werden, haben die Ankläger derart erdrückende Beweise in Sachen Korruption und Bilanzfälschung gesammelt, daß ein Freispruch höchst unwahrscheinlich erscheint. Werner Raith