Bumerang für Investoren

US-Staaten und Städte drohen deutschen Unternehmen, die in Birma investieren, mit Sanktionen. Selbst Beteiligungen führen zu Strafe  ■ Von Sven Hansen

Heute eröffnen acht Unternehmen in der birmesischen Hauptstadt Rangun das Büro der deutschen Wirtschaft. Damit mißachten die deutschen Wirtschaftsvertreter nicht nur die Boykottaufrufe der birmesischen Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die sich explizit gegen das Büro und Investitionen in Birma ausgesprochen hat. Sie riskieren wegen ihrer Birma-Investitionen auch Vergeltungsmaßnahmen in den USA.

Nach einem Beschluß des Parlaments des US-Bundesstaates Massachusetts vom Sommer 1996 sollen bei öffentlichen Ausschreibungen in dem US-Staat die Angebote von Firmen, die Wirtschaftskontakte mit Birma haben, mit einem 10prozentigen Preisaufschlag versehen werden. Dadurch verschlechtern sich die Chancen von in Birma aktiven Unternehmen, Aufträge des Bundesstaates Massachusetts zu erhalten, erheblich.

Der US-Abgeordnete Byron Rushing von der Demokratischen Partei, der das Gesetz initiiert hat, sagte zur Deutschen Welle, es bedeute für die betroffenen Firmen einen De-facto-Ausschluß von Aufträgen des Bundesstaates. „Das Ziel ist, alle ausländischen Firmen zum Abzug aus Birma zu bewegen, so daß sie dort nicht länger das brutale Militärregime unterstützen, sondern den demokratischen Kräften eine Chance eröffnen.“

Das „Gesetz zur Regelung öffentlicher Aufträge mit Firmen, die Geschäfte mit oder in Birma machen“ trat im September nach der Unterzeichnung durch Gouverneur William Weld in Kraft. Seitdem haben sich Apple, Motorola und Hewlett Packard aus Birma zurückgezogen. Firmensprecher räumten in den Medien einen Zusammenhang mit dem Gesetz ein. Dabei war der Computerhersteller Apple bisher nicht selbst in Birma aktiv, sondern hatte über eine neuseeländische Firma Computer an das birmesische Erziehungsministerium verkauft. Das Gesetz von Massachusetts bestraft jedoch auch Geschäfte über Subunternehmen, Lieferanten sowie Franchising und Geschäfte mit Lizenznehmern.

Das Gesetz ist weltweit der bisher weitgehendste Beschluß zur wirtschaftlichen Isolierung der birmesischen Militärjunta. Dem Regime werden immer wieder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Zehn US-Städte und Gemeinden, darunter San Francisco und Boulder (Colorado), haben ähnliche Gesetze wie Massachusetts erlassen. Manche gelten nur für US-Firmen, andere schließen alle in Birma aktiven Unternehmen von öffentlichen Aufträgen aus.

Am 6. Dezember 1996 veröffentlichte Massachusetts eine Liste von 40 amerikanischen und 155 ausländischen Firmen, denen bei öffentlichen Aufträgen Sanktionen drohen. Die Liste, die der taz vorliegt, enthält keine näheren Definitionen über die Art der Wirtschaftsbeziehungen mit Birma. Genannt werden die deutschen Unternehmen Siemens, BMW, Lufthansa, Metallgesellschaft und die Westdeutsche Landesbank. Sie sind allerdings nicht an dem neuen deutschen Wirtschaftsbüro beteiligt.

Ein Sprecher von Siemens bestätigte gegenüber der taz, daß der Elektrokonzern seit Jahren ein eigenes Büro in Birma mit zwölf Mitarbeitern unterhält. Das Geschäftsvolumen von Siemens in Birma betrage nur rund 500.000 Mark. Siemens investiere somit nicht in Birma, sondern ziehe sich von dort lediglich nicht zurück. Sollten sich die Zustände ändern, wolle man bereits vor Ort sein. Der Sprecher bestätigte, daß Siemens USA von dem Gesetz in Massachusetts wisse. Dazu wollte er aber keine Stellungnahme abgeben.

Eine Sprecherin der Lufthansa sagte zur taz, die Fluglinie mache keine Geschäfte mit Birma. Sie räumte aber ein, daß im Rahmen einer Kooperation mit Thai Airways Lufthansa-Tickets für Flüge bis in die birmesische Hauptstadt Rangun ausgestellt würden. In Bangkok müßten die Passagiere in eine thailändische Maschine umsteigen. Von dem Gesetz in Massachusetts sei der Lufthansa hierzulande nichts bekannt. Die Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt nach Boston, Massachusetts.

In den USA weichen immer mehr Firmen dem öffentlichen Druck und schließen sich dem Boykott gegen Birma an. Erst Ende vergangener Woche hatte der Getränkehersteller PepsiCo bekanntgegeben, sich bis Ende Mai vollständig aus Birma zurückzuziehen. Insbesondere Studenten hatten Pepsi gedroht. Die Studentenvertretungen hatten einen Pepsi-Boykott und den Abbau von Getränkeautomaten an Universitäten durchgesetzt.