Wandel durch Handel

■ Der Fall Sarkuhi fordert die Bonner Politik heraus

Ein verstärktes deutsches Engagement forderte Jürgen Möllemann kürzlich nach seiner Rückkehr aus dem Iran. Der erneut verschwundene iranische Schriftsteller Faradsch Sarkuhi würde es ihm danken. Doch der deutsche Hobby-Außenpolitiker der FDP meinte es anders: Die deutsche Industrie solle in Teheran vorsprechen, andernfalls gingen ihr lukrative Aufträge verloren.

Nun ist es wohlfeil, deutsche Geschäftskontakte in Diktaturen als unmoralisch zu geißeln und ihre Einstellung zu fordern – die Lage der Menschenrechte würde sich dadurch kaum verbessern. Auch die iranische Bevölkerung würde dies nicht honorieren. Denn wenn Despoten leiden, lassen sie dies ihre Bürger zuerst spüren. Im Land gebliebene Kritiker der iranischen Staatsführung wenden sich daher gegen eine internationale Isolierung des Landes. Auch einen im Zusammenhang mit Chomeinis Mordaufruf gegen den Schriftsteller Salman Rushdie geforderten Kulturboykott, den einst auch deutsche Intellektuelle unterstützten, lehnten sie strikt ab.

Aber auf die Mischung kommt es an. Die iranische Führung ist von den Kontakten nach Deutschland abhängig. Bonn bildet für Teheran das Tor zu Europa und zur westlichen Welt. Die Teheraner Theokraten werden einiges tun, um es nicht zu verschließen.

Doch unter den deutschen Iranreisenden steht nicht nur Möllemann im Verdacht, in Sachen Menschenrechte lieber zuwenig als zuviel Einfluß auszuüben. Auch das von seinem Parteikollegen Klaus Kinkel gern im stillen Kämmerlein praktizierte Überreichen von Listen mit den Namen politischer Gefangener macht auf die iranische Führung einen sehr nachgiebigen Eindruck. Den Verfolgten helfen solche Rituale selten.

Daß die Machthaber in Teheran auf drastische Formulierungen reagieren, zeigt nicht zuletzt die Affäre Sarkuhi. Internationaler Druck zwang den iranischen Geheimdienst, den kritischen Literaten nach 47tägiger Abwesenheit zu Weihnachten wieder der Öffentlichkeit zu präsentieren. Als der Druck nachließ, sperrten sie ihn wieder ein. Es ist zu hoffen, daß deutsche Politiker dies nicht so hinnehmen. Sicher keine Aufgabe für Möllemann. Aber Mitte Februar will sich eine SPD-Delegation nach Teheran aufmachen. Eine Aufgabe hat sie schon. Thomas Dreger