Der Floh rappt jetzt im Wolfspelz

■ Ex-Teenie-Rapper „Der Wolf“ ist über den Groove erwachsen geworden

Eines muß man dem jüngst zwanzig gewordenen Dortmunder Rapper „Der Wolf“ lassen: Werden andere junge Männer nach dem Abitur zum Betten- oder Waffenreinigen verdonnert, wurde er gleich in die Plattenkarriere entlassen. Mit dem recht pubertären Nonsens-Rap „Gibts doch gar nicht“ gelang dem Schlacks aus dem Ruhrpott eine Hit-Single, nun ist er mit erstem Album und Band auf Tour. Diese führte ihn und seine Mitstreiter am Mittwoch ins ordentlich besuchte „Moments“.

„Jeden Tach machen die Homies Krach“ heißt es in einem seiner Stücke, krachig ging es beim Konzert allerdings nicht zu. Die geschniegelten Anzüge der Musiker signalisierten es schon: Trotz der infantilen Texte über garantiert nicht selbsterlebte Party- und Alltagsanekdoten ging es der Band darum, ernst genommen zu werden. Und das wurde sie von den ersten Takten an. Mit Recht: Baß und Schlagzeug gaben einen lässigen und eingängigen Beat vor, Gitarre und Keyboard füllten das Rhythmus-Gefäß mit süßen, aber nie überzuckerten Melodien. Da war Platz für verträumte Gitarrensoli und nicht immer gelungene, aber stets waghalsige Drumbreaks.

Dies alles uferte nie aus, sondern ordnete sich immer den Songstrukturen unter. Das war gut so, denn diese Songs waren clever durchdacht, nie zu lang, nie zu kurz, mal jazzig, mal soulig, oft schmusig, manchmal hektisch. Dazu setzte „Der Wolf“ seine Stimme gekonnt als Instrument ein. Von melancholischen Balladen bis ausgelassenen Party-Stücken hielt sein Sprechgesang gut mit und traf die Grundstimmungen der Stücke immer auf den Punkt. Auf „Yo, yo“-und „Wo ist Bremen?“-Mitgröhl-Spielchen versteifte er sich angenehm kurz und selten.

Daß Texte im Live-Sound generell schwer zu verstehen sind, erwies sich als Segen. So konnte man sich ganz an der Musikalität von Band und Frontmann erfreuen, während die Erkenntnisse über weibliche Tranigkeit, männliche Unzulänglichkeit, Schwarzfahren, böse Mathelehrerinnen mit schönen Töchtern und Sonnenlicht („davon kriegt man jetzt Krebs, gibts doch gar nicht“) auf der Bühne weniger nervten als im Radio. Durch die Ansagen erfuhr man zudem, was in des Wolfes Kopf vorgeht, wenn er sich seine Texte ausdenkt: „Meine Ex-Freundin heißt Silke, und silk heißt ja auf Englisch Seide. Deshalb heißt das nächste Stück 'Die Frau aus Seide'.“ Oder zu den zwei Seelen in seiner Brust: „Wolf heißt rückwärts Flow.“

Die Dramaturgie des Sets schwankte zwischen fix gelernter Professionalität und jugendlicher Aufgeregtheit. Wie alte Hasen betraten die Musiker die Bühne zu einem Instrumental-Intro und spielten ihren Hit zum Warmwerden gleich zu Anfang und zum Abfeiern nochmal zum Schluß. Bei den Zugaben zeigte man sich weniger souverän: Die Backstage-Tür war noch nicht hinter den scheidenden Bandmitgliedern zugeklappt, da standen sie schon wieder auf der Bühne, als hätten sie Angst, das Publikum könnte in wenigen Sekunden die Jacken packen und abhauen. Andreas Neuenkirchen