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Deckel für Windstrom

■ Bundestag will Obergrenze für Förderung regenerativ erzeugten Stroms einführen. In zwei Jahren Ausbauschluß?

Berlin (taz) – Gestern wollte der Bundestag die erneuerbaren Energien deckeln durch eine Änderung des Stromeinspeisungsgesetzes. Das seit 1991 geltende Einspeisungsgesetz verpflichtet bisher die Energieversorgungsunternehmen (EVU), Strom aus regenerativen Energien wie Sonne, Wind und Wasser von Kleinerzeugern abzunehmen und einen Mindestbetrag pro Kilowattstunde zu bezahlen.

Nun wird die Abnahmepflicht auf fünf Prozent des Gesamtstromverbrauchs pro Energiekonzern (RWE, PreussenElektra) beschränkt. Die erste Lesung der Gesetzesänderung war gestern nach Redaktionsschluß, aber außer den Grünen waren alle Parteien für die Deckelung. Der Mindestbetrag wird nach dem Einspeisungsgesetz aus den durchschnittlichen Preisen errechnet, die die EVU von ihren Kunden verlangen: 1995 zum Beispiel lag dieser Durchschnittspreis bei 19,20 Pfennig pro Kilowattstunde. Für Strom aus Sonne und Wind müssen seitdem 90 Prozent, für Wasser und Deponiegasanlagen bis 500 Kilowatt Leistung 80 Prozent des Durchschnittspreises an die unabhängigen Erzeuger überwiesen werden. Es besteht nun Abnahmepflicht.

Nach jahrelanger zögerlicher Förderung löste das Gesetz vor allem bei der Windkraft einen Boom aus. In den Küstenländern wurden viele Anlagen in privater Regie errichtet, weil die Rendite nun gesichert war. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes waren in ganz Deutschland laut dem Bundesministerium für Wirtschaft Windkraftanlagen mit einer maximalen Leistung von 70 Megawatt in Betrieb. Ende 1996 waren es allein in Schleswig-Holstein auf dem Gebiet der PreussenElektra-Tochter Schleswag knapp 540 Megawatt. Das kostete die Schleswag im letzten Jahr 80 Millionen Mark und minderte den Jahresüberschuß nach Steuern auf 54 Millionen.

In Gebieten mit vielen Windrädern drohten auch den Endverbrauchern höhere Preise. Auch Verbände wie der Naturschutzbund plädieren deswegen dafür, die Kosten der Förderung des umweltfreundlichen Stroms über einen Umwelttarif auf alle EVUs im Bundesgebiet umzulegen.

Der Gesetzentwurf, über den der Bundestag gestern beraten hat, führt jetzt allerdings faktisch eine Obergrenze für regenerativ erzeugten Strom ein. Der Entwurf, den Schleswig-Holstein mit Unterstützung Niedersachsens über den Bundesrat auf den Weg gebracht hat, will den Anteil an regenerativen Energien bei einem örtlichen Versorger auf maximal fünf Prozent begrenzen. Werden bei einem einzelnen Erzeuger mehr als diese fünf Prozent regenerativ erzeugt, muß das betreffende EVU den Strom nicht mehr annehmen, nicht mehr nach den Förderpreisen des Einspeisungsgesetzes bezahlen.

Auf dem Gebiet der PreussenElektra werden nach einer Studie des Bundesverbandes Windenergie die fünf Prozent bereits in zwei Jahren erreicht sein. Nach Ansicht des Naturschutzbundes würde in Niedersachsen oder Schleswig- Holstein der Ausbau aller alternativen Energien damit zum Stillstand kommen. Das ehrgeizige, aber keineswegs unrealistische Ziel, in einigen Gebieten bereits ein Viertel des Stroms regenerativ zu produzieren, rückt weit in die Ferne. Reiner Metzger/Jürgen Voges

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