Von der Szene belächelt

Hilfe für homo- und bisexuelle Eltern: Eimsbütteler Elternschule bietet erstmals Forum für gemeinsame Gesprächsgruppe  ■ Von Mechthild Klein

Daß sie als „kuriose Außenseiter“ ausgegrenzt werden, ist für viele homo- und bisexuelle Eltern alltäglich. In der meist kinderlosen Schwulen- und Lesbenszene werden sie „belächelt bis skeptisch beäugt“, berichtet der Sozialpädagoge Harold Rüffer aus eigener Erfahrung. Besonders in der Szene müssen sie sich gegen den Vorwurf wehren, sie könnten sich nicht entscheiden, ob sie nun hetero- oder homosexuell sind.

Das war die Initialzündung für seine Idee, eine gemischte Gruppe ins Leben zu rufen, erzählt Rüffer, der selbst Betroffener und Vater zweier Söhne ist. Erstmals in Hamburg können nun lesbische Mütter und schwule Väter gemeinsam Erfahrungen austauschen und Kontakte knüpfen. Forum der offenen Gesprächsgruppe ist die Elternschule Eimsbüttel.

Die „Elternschule“ befaßt sich traditionell mit Erziehung. Sie ist eine Erwachsenenbil-dungsstätte der Stadt Hamburg, die in den 60er Jahren gegründet wurde. In den mittlerweile 23 Einrichtungen sollen die Eltern nicht etwa die Schulbank drücken, sondern Kontakte zu Gleichgesinnten knüpfen und Probleme wie Isolation oder Überforderung in der Erziehung überwinden. Angeboten werden Selbsthilfegruppen, Geburtsvorbereitungen, Babytreffs, Vätergruppen, Elternchöre, aber auch Deutschkurse und Beratungen zur rechtlichen Situation nichtverheirateter Eltern sowie kostenlose Partnerschaftsberatung.

Das neue Angebot für homo- und bisexuelle Eltern ist, so Harold Rüffer, ein Novum in der Szene, denn bisher haben sich Eltern nur in gleichgeschlechtlichen Gruppen getroffen. Dabei hätten beide, Mütter und Väter, oft eine ähnliche Biographie hinter sich und mit den gleichen Problemen beim Heranwachsen der Kinder zu kämpfen. So begreifen die Sprößlinge zwar die homosexuelle Beziehung ihrer Eltern zunächst „als natürlich und normal“. Spätestens aber in der Schule würden ihre Kinder mit den Vorurteilen und der Ablehnung der Gesellschaft gegen die Lebensform ihrer Eltern konfrontiert. „Ab der zweiten Schulklasse lernen die Kinder ,schwul' als Schimpfwort kennen“, erklärt Rüffer. Der Pädagoge möchte die Eltern ermuntern, „sich ihrer Gemeinsamkeiten mehr bewußt zu werden“. Und er will ihnen Mut machen, mit ihrer Situation umzugehen, ohne selbst Schuldgefühle zu entwickeln. Die entstünden rasch, etwa durch Vorwürfe von außen, daß Kinder durch die gleichgeschlechtliche Partnerorientierung ihrer Eltern überfordert seien. Rüffer glaubt hingegen, daß Kinder „durch einen offenen und ehrlichen Umgang vielmehr eine Chance hätten, neue Freiräume und ein neues Rollenverhalten für sich zu entdecken“. Oft sei es für die Kinder dann leichter als für ihre Eltern, zu akzeptieren, „daß alles so auch seine Berechtigung hat“.

Wenn Kinder erst spät von der Homosexualität ihrer Eltern erfahren, glauben sie meist, nicht ernstgenommen worden zu sein, weil ihnen jahrelang etwas vorgemacht wurde. „Entscheidend ist jedoch, wie die Beziehung vorgelebt und nicht, was gesagt wird“, meint Rüffer.

Auch die Pubertät, eine schwierige Phase für alle Eltern, ist für Homo- und Bisexuelle zusätzlich problematisch. Früher noch geäußerte Kritik könne dann in Totschweigen umschlagen, denn die Heranwachsenden können sich nicht immer dem Gruppendruck entziehen. Um selbst nicht ausgegrenzt zu werden, hat Rüffer beobachtet, versucht der Jugendliche oft in Schule und Jugendgruppe, Gespräche über die Eltern um jeden Preis zu vermeiden.

„Das kann sich dramatischer auswirken als eine Trennung der Eltern“, schätzt der Sozialpädagoge. Denn in einer heterosexuellen Beziehung der Eltern könne das Kind einen neuen Partner annehmen, ablehnen oder sogar bekämpfen. Aber wenn die Grundlage der Beziehung zurückgewiesen werde, dann hänge der Nachwuchs erst recht in der Luft.

Die gemischte homosexuelle Elterngruppe trifft sich ab 6. Februar in 14tägigem Rhythmus jeweils donnerstags um 19.30 Uhr. Weitere Informationen: Elternschule Eimsbüttel, Hamburg-Haus, Doormannsweg 12, Tel.: 4212775.