Unerwünschte Schnittverletzungen

■ Die Klinik der Zukunft: Weniger Personal auf schnellerem Patienten-Karussell

Chefärzte sollen verstärkt mit anpacken. Mit dieser Forderung hat sich gestern Heinz Lohmann vom Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) nach vorn gewagt. Um die Liegezeiten der Patienten in den staatlichen Kliniken zu verkürzen, müsse frühzeitig ein Therapieziel abgesteckt werden, forderte der stellvertretende LBK-Vorstandsvorsitzende. Zur Zeit würden die PatientInnen in der Regel von einem Assistenten aufgenommen, vom Oberarzt der Diagnostikmühle überlassen, und erst mittwochs bei der Chefvisite würde über das Behandlungskonzept entschieden. „Es kann doch nicht sein, daß jeder Patient die gesamte Krankenhausmaschinerie durchläuft“, wetterte Lohmann.

Diese langatmige Prozedur werden sich die Hamburger Kliniken in Zukunft nicht mehr leisten können. Nachdem sich die Liegezeiten der Patienten in den letzten Jahrzehnten von durchschnittlich 25 auf elf Tage reduziert haben, steht jetzt eine weitere Verkürzung des Kli-nikaufenthaltes an. Die Krankenhäuser werden mit den Kassen nicht mehr pauschal nach belegten Betten, sondern nach behandelten Krankheitsfällen abrechnen. Um wirtschaftlich zu arbeiten, muß jede Klinik sehen, daß sie ihre PatientInnen nach der Behandlung so schnell wie möglich wieder los wird.

Insgesamt sollen in Hamburg in den nächsten Jahren rund 1000 Betten abgebaut werden. Zum Ende des Jahres soll beispielsweise die Herzchirurgie am UKE ihre nagelneuen OP-Tische einmotten und an die Kardiochirurgie am AK St. Georg angeschlossen werden. Das würde auch für die Kinder-Herz-Abteilung das Aus bedeuten. „Man ist sich näher gekommen“, verriet LBK-Sprecher Siegmar Elligehausen gestern den Stand der Gespräche zwischen LBK und UKE. Gleichzeitig werde auch über den Anschluß der UKE-Orthopädie an das AK Barmbek nachgedacht.

Da diese Entwürfe nicht ausreichen werden, die Millionendefizite der Zukunft zu decken, sollen Hamburgs kommunale Krankenhäuser in moderne Dienstleistungsbetriebe umgewandelt werden. Bis 1998 muß der mit 15.000 Beschäftigten zweitgrößte Arbeitgeber der Stadt aufgrund der Ebbe in den Kassen der Versicherer 210 Millionen Mark einsparen. Der LBK erwartet allein für dieses Jahr ein Defizit von 100 Millionen Mark. Dadurch geraten 1800 Arbeitsplätze in Gefahr, zu denen auch die des Hafenkrankenhauspersonals zählen: Vorläufig werden die Beschäftigten vom Zirkusweg in anderen Kliniken unterkommen, um dann 1998 unter Umständen von der Kündigungswelle erfaßt zu werden.

Um die finanzielle Krise zu überstehen, sollen außerdem der Einkauf, die Apotheken und die Labore zusammengelegt werden. Das Rechnungswesen soll modernisiert und die Reinigung an externe Firmen vergeben werden. Außerdem hat der LBK einen internen Versicherungsfonds für ärztliche Kunstfehler eingerichtet. Für den Fall, daß es beim Kampf um die dukatenträchtigen PatientInnen zu unerwünschten Schnittverletzungen kommt ... Lisa Schönemann