Betreuung im Kindergarten: Rechtsanspruch mit Einschränkungen

Als das Bundesverfassungsgericht im Mai 1993 über das Recht der Frauen richtete, Schwangerschaften abzubrechen oder eben auch nicht, da teilte es auch gleich Trostpflästerchen aus: Jedes Kind, so ermutigten die Herren aus Karlsruhe werdende Mütter, soll zumindest in den Kindergarten gehen dürfen, so die Eltern es denn wünschen. Sie tun es: 95 Prozent aller Hamburger Mütter und Väter, das ermittelte eine Emnid-Umfrage, wünschen sich eine Betreuung für ihren Sprößling. Doch wie sieht die Versorgung aus in der Hansestadt?

„Sehr gut“, urteilt Anita Merkt, Sprecherin der federführenden Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung. Zur Zeit könne die Stadt 90,3 Prozent aller anspruchsberechtigten Kinder einen Platz anbieten. Ende des Jahres soll die Versorgungslücke geschlossen sein, 95 Prozent sollen dann in den Kindergarten gehen können, soweit sie die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllen.

Und da geht es mit den Einschränkungen schon los: Den Rechtsanspruch haben nur Kinder zwischen drei und sechs Jahren, die zu einem festgelegten Stichtag bereits ihren Geburtstag gefeiert haben. Wer in dieser Woche drei Jahre alt geworden ist, darf ab nächster Woche in die Kita gehen. Allerdings, und das ist die zweite Einschränkung, nur für vier Stunden am Tag. Nur für halbe Tage nämlich gibt es den Anspruch auf einen Kindergartenplatz.

Für diese Klientel wurden in Hamburg seit 1990 insgesamt 4.998 neue Plätze geschaffen. Diese sollen, so schreibt es das zum 1. August 1996, vor genau sechs Monaten, in Kraft getretene „Hamburgische Gesetz zum Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz“ vor, in „zumutbarer Entfernung“ zur Wohnung des Kindes liegen. Als zumutbar wird eine Anfahrtstrecke von bis zu 20 Minuten bewertet.

In den City-Stadtteilen wie St. Georg, Eimsbüttel oder Horn scheint das zu klappen. Anders sieht es in vielen Neubaugebieten aus: In Schnelsen, Allermöhe oder Farmsen etwa muß mit den neuen Wohnanlagen die Infrastruktur erst noch entstehen. Viele Eltern müssen hier längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen. Zur Zeit gelten 20 Hamburger Stadtteile als „unterversorgt“.

Neben den gesetzlich geforderten Einrichtungen, so beeilt sich Behörden-Sprecherin Anita Merkt hinzuzufügen, wurden auch das Betreuungsangebot für ganze Tage und die Krippen für jüngere Kinder weiter ausgebaut. 5912 Ganztagesplätze sind seit 1990 hinzugekommen, daneben allerdings nur 307 neue für Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu drei Jahren. Anders als bei der Halbtagesbetreuung, für die man sich direkt bei der Einrichtung anmelden kann, werden die Ganztagesplätze ausschließlich vom Amt für soziale Dienste verteilt. Dieses entscheidet nach „sozialen Gesichtspunkten“.

Einen Anspruch auf einen Kita-Platz haben alle Jungen und Mädchen mit „gewöhnlichem Aufenthalt“ in Deutschland. Dazu zählen auch die Kinder von asylsuchenden Flüchtlingen, soweit diese nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung leben, sondern bereits in eine Unterkunft weiterverteilt worden sind.

Für behinderte Kinder gibt es über Hamburg verteilt 21 sogenannte Sondertagesheime mit 606 Plätzen. Hinzu kommen spezielle Gruppen für insgesamt 178 behinderte Kinder in anderen Kindergärten sowie sogenannte Integrationsgruppen, in denen behinderte zusammen mit nichtbehinderten Kindern spielen. Elke Spanner