■ Soundcheck
: Gehört: Die Braut haut ins Auge

Gehört: Die Braut haut ins Auge. Die Sängerin Bernadette Hengst steht mit allen Mitteln der Entschlossenheit auf der Bühne. Die Stimmung davor ist ein wenig gönnerhaft. Alle sind oder spielen hier zu einem edelmütigen, karitativen Zweck. Der macht aus einem netten Mitbürger schon mal einen generösen Honorarkonsul.

Hengst ficht das nicht an. Sie rockt mit Blicken und spielt die Gitarre mit aller Effizienz, während ihre Band sich dazu passend ausgelassen aufführt. Die Braut haut ins Auge stehen seit ein paar Jahren in der Stadt so unangefochten für sich, wie sie es am vergangenen Freitag abend auf der Veranstaltung der sozial engagierten Hamburger Schlachtplatte taten.

Hengst wirft sich ans Mikrophon und lächelt zu ihren Kolleginnen herüber. Die freuen sich, als wären sie auf der Straße erkannt worden. Zuschauer erkennen, daß hier eine Rockband einen gerechten Kampf für das Gute kämpft. Die Lächelblicke der Musikerinnen erinnern an das Lächeln von Figuren aus amerikanischen Spielfilmen der Reagan-Jahre, in welchen sich die Protagonisten aufwendig angrienten. Es ging darum, ohne Worte auszudrücken, daß sie nach all dem hinter sich gebrachten Mist des schließlich doch auf sich genommenen Lebens weg müssen, weil der Beruf, die Liebe und das Schicksal sie erwarten. Im Film gibt so ein Augenblick eine pathetische Sequenz. Im Konzert ließ die BHIA diesen zugespitzten lebenswendenden Moment auf die eine oder andere Art in alle ihre Lieder ein. Die Sängerin schloß sich mit ihrer ganzen Präsenz der Zukunft auf. Wenn sie singt, wenn sie ihr Instrument stimmt und sich so gut mit dem Rest versteht, nimmt man ihr sofort ab, daß hier ein Mensch mit beiden Beinen nicht nur auf diesem Boden fest steht.

Die Musik der Band ist knallig wie die Menschen, die in der Band mitmachen. Das Konzert ist ein Hinweis, daß es hier vor uns welche gibt, die ohne weiteres in jeder anderen Berufsart glücklich reüssieren könnten. Solange sich die vier Freundinnen nur gegenseitig haben. Diese Art von Rock' n' Roll ist es, welche sich nach Neil Youngs Ansage entschieden hat, hier zu bleiben. Und vielleicht ist die Braut mit ihrem wertkonservativen Faßt-euch-an-die-Hände-Programm ja auch einmal dabei, wenn es darum geht, mit Musik ein deutsches Gegenstück zu der von Bill Clinton anvisierten „Brücke ins 21ste Jahrhundert“ zu bauen.

Kristof Schreuf