Keine Steine im Bett

■ Tag der offenen Tür: Hausbesetzer präsentierten Nachbar ihren Wohnkomfort

„Hast du etwa Probleme mit Hausbesetzern?“ – „Näää!“ quäckt der angesprochene Dreikäsehoch. „Bin ja selber einer!“

Noch Fragen? Beim „Tag der offenen Tür“ im besetzten Haus Rigaer Straße 83 in Friedrichshain konnten sich am Samstag alle Skeptiker davon überzeugen, daß auch HausbesetzerInnen Wasserklosetts benutzen und nicht mit Pflastersteinen unter dem Kopfkissen schlafen.

Ein Austausch mit der ganzen Bevölkerung war das Ziel der InitiatorInnen, nicht eine Bauchnabelschau der Szene. Es klappte: Sechs Besuchergruppen schleusten die Bewohner bis zum Nachmittag durch Wohnräume, Ateliers und Werkstätten. Auch die Medien waren in erklecklicher Anzahl vertreten. Publicity ist erwünscht: „Wir wollen der Öffentlichkeit ein differenziertes Bild von Hausbesetzern vermitteln“, erklärt Mitorganisator Helge. Daß besetzte Häuser dreckig sind, sei zum Beispiel ein gängiges Vorurteil.

Wer nicht fragt, bleibt dumm: „Sind denn noch die Etagenklos in Funktion?“ Die BewohnerInnen erklärten geduldig, wie sie neue Sanitäranlagen installiert, die Statik ausgebessert und so das Haus wieder bewohnbar gemacht haben. Denn Ende der achtziger Jahre war der Bau eigentlich schon zur Sprengung vorgesehen. Schutt lag in den Zimmern, Fenster gab es nicht. Mit viel Improvisationstalent wurden die Schäden ausgebessert. Nun hoffen die BewohnerInnen, das Gebäude über eine Genossenschaft möglichst kostengünstig erwerben zu können.

Das Wohnambiente war nur ein Programmpunkt: Weiterhin wurden Filme gezeigt, Doku-Wände informierten über Besetzerhistorie, und bei Kaffee und Kuchen konnte man ins Gespräch kommen. Das schafft Sympathie: „Solange es besetzte Häuser als Extreme gibt, sind auch die anderen Mieter ein wenig geschützt“, meint zum Beispiel Klaus Heß, der durch die Mietergemeinschaft vom Aktionstag erfahren hat. Und wer Lust hatte, konnte sofort seine Eignung beim Psychotest für angehende Hausbesetzer überprüfen. Klemens Vogel