Piefige Phantasien vom Abgründigen

■ Die Reihe "Frauen in Gefahr" startet mit "Vergewaltigt - Die Wahrheit und andere Lügen" (montags, 20.15 Uhr, Pro 7)

Weihnachtszeit im Krankenhaus. Ein Adventskranz, ein Gesteck, Weihnachtslieder vom Band. Die Kamera walzt den leeren Gang zum Personalraum entlang. Wie eine Oberschwester, die nach dem Rechten sieht und sich nicht so leicht von Oberflächenhygiene täuschen läßt. Da haben wir es auch schon: Unrat, Sumpf und Sünde. Auf der Tonspur wird gegrabscht und belästigt. Doch man darf nicht einfach glauben, was man hört, man muß sehen, worüber man sich empören soll. Denn Filme wie dieser machen aus dem Wohnzimmer einen Gerichtssaal, aus dem Zuschauer in die Irre geführte Geschworene.

Da ist der sadistische, geile Dr. de Winter (Herbert Knaup), der die hübsche, aber rufverlauste Ärztin Dr. Jonasson (Barbara Auer) bedrängt. Dazu schreien wüste Rockakkorde und zittern heftig verwackelte Schwarzweißbilder. Der Film schnappt die Bildfetzen einer Überwachungskamera auf und ähnelt dabei einem Kleinwüchsigen, der immer wieder springt, um durchs Schlüsselloch zu gucken, damit er wenigstens ausschnittsweise erhascht, was die Großen treiben. Hollywood zum Beispiel, Filme wie „Jagged Edge“, „Zeugin der Anklage“ und vor allem deren clevere, vulgärerotische Überarbeitung „Basic Instinct“.

Wie die Bilder dreht sich „Vergewaltigt“, mit dem Pro 7 seine Reihe „Frauen in Gefahr“ eröffnet, um Mandantin und Anwalt (Jan Josef Liefers) und ihre Romanze, um das Rätselraten, ob die Klientin lügt oder ehrlich leidet. Der Film von Martin Enlen, der unter dem Titel „Blindes Vertrauen“ bereits auf verschiedenen Festivals lief, ist eine aufwendige TV-Produktion. Sie glüht wie ihre Darsteller vor Ehrgeiz und Stilwillen. Zunächst routiniert und mit solidem Timing für Enthüllung und Verzögerung beginnt die alte Hexenjagd auf raffinierte, attraktive Frauen. Doch dann leiert der Plot aus, wird eine bekannte Geschichte, die einmal zuviel erzählt wird.

Das eigentliche Spiel, und hier befindet sich der Film ganz und gar im Pro 7-Club, mit Anzüglichkeiten und Frivolitäten erschöpft sich schnell in wenig gewagtem Geplänkel. Die Auer haucht verderbliche Versprechen oder befiehlt schlüpferlos ihrem Anwalt im Restaurant, die Socke abzustreifen. Und daß Frau Doktor später mit einer Schwester vögelt, wird wie ein alles umhauender Joker weiblicher Freizügigkeit aus dem Ärmel gezaubert und offenbart doch nur eine schwer erträgliche piefige Phantasie vom Abgründigen.

Ein Ärgernis ist zudem der nachträgliche Titel „Vergewaltigt“. Denn die eigentliche Schändung findet außerhalb des Filmes statt und wird hier aus rein dramaturgischem Kalkül als Rachetreiber installiert. Das kann bei solch empfindlichen Themen schnell zynisch wirken und der gesamte „Frauen in Gefahr“-Reihe leicht die Schäbigkeit einer Spanner-Erfüllung einbringen. Birgit Glombitza

Weitere Termine: „Ärztin in Angst“ (10. 2.), „Insel der Furcht“ (17. 2.), „Tödlicher Duft“ (24. 2.)