Heißer Tanz in Sektpfützen

Die Volleyballerinnen des USC Münster stellen mit dem Gewinn des Pokals erneut ihre Übermacht im nationalen Rahmen unter Beweis  ■ Aus Münster Nina Klöckner

Wer in die Halle wollte, kam kaum darum herum, sich grün- weiße Streifen ins Gesicht malen zu lassen. Das ist inzwischen üblich bei den Heimspielen des USC Münster und nicht das einzige Ritual. Bei jedem Satzball für die Gastgeberinnen steht das gesamte Publikum auf und klatscht wie wild in die Hände. Wer nicht mitmacht, wird schief angeschaut oder outet sich als heimlicher Anhänger des Gegners. So ist das in Münster. Hier wird nicht nur Volleyball gespielt, sondern Volleyball gefeiert, ja Volleyball gelebt.

Und die aufopfernde Hingabe wird in regelmäßigen Abständen belohnt: Nach drei Titeln im Vorjahr gewannen die Münsteranerinnen mit dem nationalen Pokal am vergangenen Wochenende auch in dieser Saison ihren ersten Titel. Und so tanzten Spielerinnen, Verantwortliche und Fans nach dem Finale in Münster in großen Sektpfützen zur Melodie der Sieger, während der Rest der Republik langsam nachdenklich wird.

Die Hälfte seiner Spielerinnen stecke noch im Abitur oder in der Lehre, sagte Volker Spiegel, Trainer beim Finalisten CJD Berlin. Und „wir haben hier gegen gut dotierte Profis verloren“, was heißen soll, daß mit Münster einfach keiner mehr mithalten kann, nicht nur sportlich. Der Verein ist reich, das ist kein Geheimnis mehr. Um gute Spielerinnen muß er nicht lange betteln. Wer was werden will, will auch nach Münster. Das wirkt sich aus, vor allem auf die Bundesliga. Für die meisten Spiele benötigt der Meister nicht mehr als eine Stunde. Allein gegen Schwerin haben die Münsteranerinnen in dieser Saison verloren, aber nur in einem unbedeutenden Ligaspiel.

In Berlin versucht sich Spiegel gerade an einem personellen Umbruch. Vor der Saison haben sich gleich mehrere routinierte Spielerinnen in den Ruhestand verabschiedet. Jetzt versucht er es mit einer jungen Mannschaft, was an sich sehr lobenswert ist, aber auf der anderen Seite auch riskant. Der Verein hat seit Jahren finanzielle Sorgen. Und Sponsoren greifen bekanntlich nur noch in die Tasche, wenn der Erfolg absehbar ist. Doch „da reicht unsere Klasse und Güte einzelner Spielerinnen derzeit nicht aus“, sagte Spiegel.

Ähnlich verfahren ist die Situation in der Nationalmannschaft. Nach den Olympischen Spielen in Atlanta mußte Bundestrainer Siegfried Köhler sein Team völlig neu formieren, weil fast keine Spielerin weiter zur Verfügung stehen wollte. Bei ihrem ersten Auftritt Anfang Januar überraschte die neue, junge Mannschaft – Durchschnittsalter 20,4 Jahre – mit einem zweiten Platz beim Bremer Turnier, was vor allem beim Deutschen Volleyball Verband (DVV) große Erleichterung auslöste. Und „sieben Nationalspielerinnen treffen sich auch dieses Wochenende in Münster“, versprach das Programmheft bei der Pokalendrunde, „nur spielen sie jetzt nicht mit-, sondern gegeneinander“.

Von wegen. Sylvia Roll durfte für Schwerin aufs Parkett, Ina Mäser für Berlin. Die meisten anderen spielten überhaupt nicht, und genau da liegt das Problem. Viele der Jung-Nationalspielerinnen sitzen in ihren Vereinen auf der Bank und kommen nur sporadisch zum Einsatz, weil beispielsweise begabtere Ausländerinnen auf ihren Positionen spielen. Der Meister USC Münster hat natürlich auch Nationalspielerinnen verpflichtet. Allerdings spielen die in der zweiten Mannschaft.

Im Herbst dieses Jahres wird Köhler mit seinen „Kids“ an der Europameisterschaft teilnehmen. Fünfter will er werden, ein Jahr später bei der Weltmeisterschaft unter die ersten acht und 2000 nach Sydney. Hehre Ziele, wenn man bedenkt, daß die meisten seiner neuen Aktiven ihre Spielpraxis hauptsächlich bei internationalen Auftritten sammeln. Doch wer international mithalten will, muß sich auch in einer Bundesligamannschaft durchsetzen können.

Doch darüber macht man sich in Münster derzeit keine Gedanken. Wer selbst nachts nicht mehr ohne seinen USC leben will, kann sich inzwischen in die Bettwäsche mit dem grün-weißen Emblem des Vereins kuscheln. Und träumen von noch mehr Titeln und noch mehr Trophäen.