Führung der baskischen Linksnationalisten flüchtig

■ Vorstand der ETA-nahen Herri Batasuna widersetzt sich gerichtlicher Vorladung

Madrid (taz) – „Zu einer solchen Vorladung gehen wir nicht freiwillig, da müssen sie uns schon mit Gewalt hinschleppen“, lautete die einhellige Antwort der 25 Vorstandsmitglieder der baskischen Wahlkoalition Herri Batasuna (HB) an Richter José Manuel Martinez Pereda. Der gesamte Parteivorstand der baskischen Linksnationalisten soll sich vor dem Tribunal Supremo – der obersten spanischen Strafkammer – wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ verantworten. Gemeint ist die baskische Separatistengruppe ETA.

Das Delikt: HB wollte während des Wahlkampfes für die letzten spanischen Parlamentswahlen vor knapp einem Jahr ein zweieinhalbminütiges Video ausstrahlen lassen, auf dem drei vermummte ETA-Mitglieder einen Forderungskatalog vorlasen. Die Gerichte schritten ein, das Video wurde beschlagnahmt, die Ermittlungen eröffnet.

Das Faß kam endgültig zum Überlaufen, als der HB-Vorstand wenig später zwei tödliche ETA- Anschläge auf den Madrider Juraprofessor und Verfassungsvater Francisco Tomás y Valiente sowie auf den führenden baskischen Sozialisten Fernando Mugica Herzog mitten im Wahlkampf ausdrücklich für gut hieß. Da die Führungsspitze von HB im Kollektiv ohne Vorsitzenden arbeitet, wurden kurzerhand alle 25 Vorstandsmitglieder angeklagt.

HB-Vorstandssprecher Floren Aoiz und der Regionalparlamentarier in der Nordprovinz Navarra, Adolfo Araiz, wurden gestern nachmittag geladen. Bei Redaktionsschluß hielten sie eine Pressekonferenz in Pamplona ab, auf der sie ihren Schritt, sich der richterlichen Ladung zu widersetzen, noch einmal ausdrücklich begründeten. Das Tribunal Supremo sei „ein spanisches und damit ausländisches Gericht, das nichts mit dem baskischen Volk zu tun hat“. Richter Martinez wird jetzt Haftbefehl erlassen. Der baskischen Polizei Ertzainza fällt dann die unpopuläre Aufgabe zu, in den nächsten zwei Wochen nach und nach die 25 HBler ausfindig zu machen und nach Madrid zu überstellen.

Ob die Betroffenen nach dem Gerichtstermin weiterhin in Haft bleiben oder sofort wieder auf freien Fuß kommen, liegt ebenso wie die Höhe des Bußgeldes (maximal 160.000 Mark) im Ermessen des Gerichts. Doch allzuviel Hoffnung auf Milde kann sich HB nicht machen. Als zu Ermittlungsbeginn vor einem Jahr der damalige Parteisprecher Jon Idigoras nicht aussagen wollte, kostete ihn das insgesamt vier Monate Haft, da seine Partei die geforderten 3,5 Millionen Mark Kaution für seine Freilassung nicht aufbringen konnte. Reiner Wandler