Ostfriesischer Bauer starb nicht an Rinderwahn

■ Göttinger Creutzfeld-Jakob-Spezialisten haben in Deutschland nicht ein einziges Mal die BSE-Variante bei Menschen gefunden. Strikte Erfassung gefordert

Hannover (taz) – Keineswegs bei seinen Kühen mit BSE angesteckt hat sich der ostfriesische Rinderzüchter, den Bild am Sonntag jetzt posthum verschlagzeilt hat. Der Nebenerwerbslandwirt ist im September 1995 an der klassischen Form der Creutzfeld-Jakob- Krankheit (CJD) verstorben. Diese Erkrankung ist nicht mit der in England und Frankreich aufgetretenen neuen Variante von CJD gleichzusetzen, bei der die Wissenschaft einen Zusammenhang mit BSE vermutet. Nach Angaben der CJD-Forschungsgruppe am Institut für Neuropathologie der Uni Göttingen läßt sich anhand von Gewebeproben aus dem Gehirn festellen, an welcher Form der Creutzfeld-Krankheit ein Patient verstorben ist.

Das Gehirn des Rinderzüchters aus dem ostfriesischen Middelwesterloog haben die Göttinger Forscher schon 1995 neuropathologisch untersucht. Über das Ergebnis dieser Einzeluntersuchung konnten die Göttinger CJD-Spezialisten gestern aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben. Sie stellten jedoch klar, daß sie die neue Creutzfeld-Jakob-Variante noch nie diagnostiziert haben.

„Der Göttinger Arbeitsgruppe ist bisher kein Fall einer neuen Variante der CJD in Deutschland bekannt geworden“, erklärten für die Arbeitsgruppe die Professoren Hans Kretzschmar und Sigrid Poser. Die neue CJD-Variante sei bisher bei 14 Patienten in Großbritannien und einmal in Frankreich diagnostiziert worden. An der klassischen Form von CJD, die bereits Anfang des Jahrhundert beschrieben worden sei, erkranke weltweit jährlich einer von einer Million Menschen.

Der Landkreis Aurich hat gestern bestätigt, daß die CJD- Erkrankung des Rinderzüchters 1995 nicht wie vorgeschrieben dem Kreisgesundheitsamt gemeldet wurde. Die behandelden Ärzte seien über die bundesweite Meldepflicht für CJD nicht informiert gewesen und hätten sich damals direkt an die Göttinger Forscher gewandt, sagte ein Sprecher der Kreisverwaltung. Das niedersächsische Sozialministerium und die Landesärztekammer in Hannover wollen nun alle Mediziner des Landes noch einmal auf die seit 1994 geltende Meldepflicht für CJD hinweisen.

Bundeslandwirtschaftsminister Jürgen Borchert (CDU) hat gestern Lücken bei der Erfassung und Kontrolle der nach Deutschland eingeführten britischen Rinder eingeräumt. Die Bundesländer müßten noch einmal extra prüfen, ob auch alle Tiere registriert seien. Jürgen Voges