Nach unseren Regeln

■ Auszüge aus "China kann Nein sagen" und dem Folgeband "China kann immer noch Nein sagen" von Zhan Xiaobo et al

Über Handel als Waffe

Als Premier Li Peng in Frankreich war, unterschrieb er ungeachtet amerikanischer und britischer Animositäten eine ganze Reihe von Kaufverträgen. Ich unterstütze das voll und ganz. Ich begrüße Chinas politische Entscheidung, Geschäfte mit den westlichen Ländern zu machen, sehr. Und man erzähle mir nicht, daß „Politik und Geschäft nicht zusammenpassen“. Auch westliche Politiker sind da ganz offensichtlich anderer Ansicht.

Meiner Meinung nach gibt uns die Konkurrenz der westlichen Länder um unseren Markt die Gelegenheit, einer Devise des alten Macmillan zu folgen, einem ehemaligen britischen Außenminister, der sagte: Es gibt keine ewige Freundschaft, es gibt nur ewige Interessen... Die Aufkündigung von Verträgen ist die beste Medizin für diejenigen hartnäckigen westlichen Mächte, die immer noch zu glauben scheinen, daß nur sie im Recht sind.

Angesichts drohender amerikanischer Vergeltung auf dem Handelssektor begriff Wu Yi, unsere Ministerin für Außenhandelsbeziehungen, sehr genau, wie man mit so einer Situation umzugehen hat. Weit davon entfernt, sich einschüchtern zu lassen, warnte unsere „Eiserne Lady“ die Amerikaner: „Sobald ihr eure Sanktionen verkündet, werden wir unsere Gegenmaßnahmen bekanntgeben.“ Darunter nannte Wu Yi unter anderem Investitionsrestriktionen in China für amerikanische Unternehmen – und das half, denn gerade hatte General Motors Großinvestitionen in Joint-venture-Unternehmen in China beschlossen. Chinas Ausspielen der Investitionskarte machte Eindruck: Trotz massiven Drucks von seiten US- amerikanischer Unternehmer stellten die Verhandlungsführer keine weiteren exzessiven Forderungen...

Nach der Unterzeichnung des Abkommens durch beide Seiten hielten Wu Yi und Charlene Barshefsky eine gemeinsame Pressekonferenz ab. Alle anwesenden Journalisten bewunderten Wu Yi, die gewagt hatte, „Nein“ zu Amerika zu sagen. Sie ist es, die das moderne China repräsentiert, ein China, das mit großer Entschiedenheit seine Interessen wahrt und mit Stolz ausländische Mächte in ihre Schranken weist.

Amerika kann China ökonomisch niederhalten. Aber China kann dasselbe auch mit Amerika tun. Ihr könnt machen, was Ihr wollt, wir Chinesen jedenfalls spielen nach unseren eigenen Regeln...

Der Airbus-Vertrag mit China sichert vielen Franzosen ihre Jobs... Er zeigt gleichzeitig den Amerikanern, daß Boeing nicht der einzige Flugzeughersteller ist... Wenn die amerikanische Regierung mit dem großen Handelsprügel droht, kann China auch anders... China kann die Tore seines Marktes vor jedem verschließen, der sich der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft entgegenzustellen wagt.

Über Tibet

Es erstaunt mich, daß die amerikanischen Medien derart absurd und fehlgeleitet die Tatsache ignorieren, daß die chinesische Zentralregierung dem tibetischen Volk ganz außerordentliche Hilfsmaßnahmen zukommen läßt. Das zeigt ihre Ignoranz geoökonomischer Zusammenhänge. Die sogenannte Menschenrechtsfrage Tibet ist ständiges Thema im alljährlichen Menschenrechtsbericht des US- Kongresses. Die Berichte über die Situation in Tibet werden des öfteren eingeleitet mit Wendungen wie „es heißt“, „verläßlichen Berichten zufolge“ oder „nach Angaben aus verläßlicher Quelle“. Sie konzentrieren sich jedoch immer auf Einzelaspekte und ignorieren das Gesamtbild.

Der Tibet-Report ist voller Widersprüche: Er kritisiert die chinesische Regierung wegen des niedrigen Lebensstandards des tibetischen Volkes und denunziert gleichzeitig die massiven Bauprogramme, die in Lhasa und anderen Regionen in Angriff genommen wurden, als Zerstörung der dort ansässigen einzigartigen Kultur. Das ist nichts anderes als eine klare Demonstration dafür, daß man immer ein Haar in der Suppe findet, wenn man nur lange genug sucht.

Für die Amerikaner gibt es keinen besseren Weg, China aufzuhalten, als seine Spaltung, so daß es nicht dazu kommen kann, sich ökonomisch zu entfalten. Ihre derzeitige Strategie, wie beispielsweise Tibet als „souveränen Staat“ zu bezeichnen und sogar im Kongreß ein Gesetz zu verabschieden, um einen Sonderbotschafter nach Tibet entsenden zu können, entstammt der gleichen Motivation wie ihre Hilfe in den fünfziger Jahren, als sie tibetische Rebellen trainieren und ausrüsten ließen, um die chinesisch-tibetische Region zu destabilisieren. Beim Studium der Vergangenheit haben wir herausgearbeitet, daß die Sowjetunion dieselbe Methode in der Äußeren Mongolei anwandte. Durch Unterstützung deren Unabhängigkeitsbestrebungen erreichte die UdSSR, daß China auf eine Million Quadratkilometer Land verzichtete – und hat dann die Äußere Mongolei von sich selbst abhängig gemacht... Die Versuche der USA, Chinas ökonomische Entwicklung durch Unruhestiftung in Tibet zu bremsen, sind jedoch zum Scheitern verurteilt.

Über Hongkong

Der 1. Juli 1997 rückt näher. Nachdem Hongkong mehr als anderthalb Jahrhunderte „verpachtet“ war, kehrt es ins Mutterland zurück. Als erstes und übelstes Kapitel in Chinas moderner Geschichte, einem Kapitel voller Demütigung und Unglück, kann Hongkong uns vieles lehren. Großbritannien aber macht in Hongkong immer noch Ärger.

China ist Drogenhändlern immer schon mit einem klaren Nein begegnet, etwa als Liu Tse-hu im Frühjahr 1939 2.000 Tonnen Opium öffentlich in eine Kalkgruppe werfen ließ...

Am Vorabend der Rückkehr von Hongkong wird das chinesische Volk all denen ein lautes und klares „Nein“ entgegenschmettern, die China zu spalten versuchen. Hongkongs Rückkehr bedeutet leider nicht nur Glück und Sonnenschein. Während wir in großer Vorfreude die letzten Sekunden des Countdown zählen, wirft der letzte Gouverneur von Hongkong wie ein unehrlicher Vertragspartner noch das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Mich erinnert das an die Worte von Louis XIV.: Après moi le déluge... (Nach mir die Sintflut)... Jeder weiß, warum sich die Briten so hastig zur Einführung von „Demokratie“ in Hongkong entschlossen haben. Man braucht das nur mit ihrem Abzug von Indien und Pakistan zu vergleichen. Aber diesmal haben sie sich verrechnet.

Über Großbritannien

Als der britische Premierminister John Major zur feierlichen Unterzeichnung des Abkommens zum Bau des Hongkonger Flughafens nach China kam, sagte er einigermaßen gönnerhaft zu Premier Li Peng: „Vor meiner Abfahrt erreichte mich der Brief einiger Labour-Abgeordneter, die mich baten, mit Ihnen auch über das Thema Menschenrechte zu sprechen.“ Premier Li Peng antwortete darauf gewitzt, aber auch mit einiger Entschiedenheit: „Auch ich habe einen Brief bekommen. Von chinesischen Historikern. Sie sagen: ,Wir vergessen nicht, daß China über 100 Jahre lang vom Westen herumgeschubst worden ist. Über die damalige Verletzung der Rechte chinesischer Menschen ist noch nie gesprochen worden!‘“

Als erster und größter Drogenhändler der Welt führten nämlich die Briten einst den Opiumkrieg – zum Schutz ihres „Rechtes“, in China mit Opium zu handeln. Löscht die Zeit so eine Schuld etwa aus?... In der Geschichte der Menschheit ist der Opiumkrieg mit seinen Verwüstungen zum Schutz eines derart gewissenlosen Handels einzigartig.

Wir wollen doch einmal die Art und Weise untersuchen, wie die westlichen Nationen reich wurden: Die britischen „Gentlemen“ schafften es durch Drogenhandel und können daher als die größten Drogenhändler der modernen Geschichte bezeichnet werden... Erst Drogenhändler, dann Kriegstreiber. Um ihr Opium profitträchtiger verkaufen zu können, schickten sie im Namen des Gesetzes Truppen her. Sie verschafften sich gewaltsam Respekt.

Ich bin der Ansicht, daß die Niederlage des Zentralreichs bei vielen Westlern der Grund für ihre Überlegenheitsgefühle, für Stolz und Vorurteile gegen uns Chinesen ist.

„China kann Nein sagen“ / „China kann immer noch Nein sagen“, China United Industrial and Commercial Press, 1996.