Lehrer auf Crash-Kurs gegen Senatorin

■ Personalversammlung lehnt Kahrs' Arbeitszeitmodelle ab und droht mit Streik bei Mehrarbeit

Im brechend vollen Pier 2 betonierten mehr als 1000 Lehrkräfte und Bildungssenatorin die Fronten für kommende Kämpfe um die Arbeitszeit an Schulen. Die Personalversammlung ließ nicht die Spur eines Entgegenkommens in Sachen der von Bringfriede Kahrs angestrebten neuen Arbeitszeitmodelle erkennen. „Die Mehrheit zieht es offenbar vor, eine Stunde mehr zu unterrichten“, resümierte die Senatorin. Die Alternative des Status quo bestehe „zu dieser Zeit in diesem Lande nicht. Zu Recht“. Pfiffe, Rufe nach Streik.

Zu Beginn hatte die Sozialdemokratin noch um Verständnis geworben, für einen Solidarpakt im Öffentlichen Dienst und eine gemeinsame Position gegen den Rest-Senat im Feilschen um möglichst viel Geld für die Bildung. Es wäre eine „historische Entscheidung“, jetzt neue Arbeitszeitmodelle einzuführen, die auch Vor- und Nachbereitung, Kinderbetreuung und Organisationsarbeit auf persönlichen Arbeitszeitkonten bewerteten und dabei auf die reguläre Arbeitszeit von Staatsdienern von 38,5 Stunden kämen. Schule werde verbessert. Außerdem sollen den Eltern feste Schulöffnungszeiten geboten und die von der Koalition beschlossene Alternative einer Pflichtstundenerhöhung abgewendet werden.

Damit biß Kahrs auf Granit. „Betrug, Ignoranz, Volksverdummung“ waren noch die zahmeren Ausdrücke der Gewerkschaftsvertreter. Mit der Neuorganisation der Lehrerarbeit sollten nur weitere 150 Stellen eingespart werden, konterte eine Lehrerin. Entsprechende Zahlen habe die Behörde selbst ausgerechnet. „Es wird Effizienzgewinne geben“, räumte Kahrs ein. Denn eine Stunde Hausaufgabenhilfe dürfe nicht wie eine Stunde Unterricht gewichtet werden. „Das ist zu teuer bezahlt“.

Viele Lehrer warfen Kahrs vor, mit ihrem Modell Streit in die Kollegien hineinzutragen. „Ich muß dann verbieten, daß ein Kollege mit meiner Klasse in eine Ausstellung geht, weil ich sonst ins Zeitminus rutsche“, sagte Helmut Ittner vom Schulzentrum am Rübekamp. Bisher habe man wohl den Fehler gemacht, nicht jede Stunde Mehrarbeit aufzuschreiben.

Für die Schülerschaft erneuerte der Elft-Klässler Aljoscha Jegodtka im Blauhemd der sozialistischen Jugend „Die Falken“ die Forderung nach jüngeren Lehrern. Die sind in der Tat rar: Der Personalrat verteilte Zahlen, wonach in Bremen nur zehn Lehrer unter 30 Jahre alt sind, 143 von 6.571 sind unter 35.

Im Schulzentrum Walle hätten sich die KollegInnen einstimmig für Streik ausgesprochen, so Lehrer Peter Köster. Wut und Erbitterung herrsche besonders bei jenen PädagogInnen, die lange Jahre die Bildungs-Reformpolitik der SPD mitgetragen hätten, die nun nichts mehr zähle. Wenn es jetzt zum Chaos an den Schulen komme, trage die Politik die Verantwortung.

Auch schmutzige Wäsche wurde gewaschen. „Auch du, Bringfriede“, begann ein ehemaliger Kollege der Ex-Lehrerin vom Schulzentrum Lerchenstraße seinen Vortrag, in dem er der johlenden Versammlung ausbreitete, die Senatorin sei keine allzu eifrige Kollegin gewesen. Mit ihrem Wechsel in die Politik habe sie die Schwierigkeiten des Lehrerstandes „vergessen, verdrängt, verleugnet“ und ihre Glaubwürdigkeit verloren. Kahrs' Einwände gingen unter: Eine Ablehnung der Arbeitszeitmodelle würde dazu führen, daß Lehrer bald noch mehr als eine Stunde zusätzlich arbeiten müßten. Die GEW hat zum Streik gegen die Stundenerhöhung aufgerufen. jof