■ Daumenkino
: Looking for Richard

Eine britische Expertin spricht gerade mit bewegenden Worten von der Größe und Bedeutung Shakespeares – Schnitt – „Hey Jimmy, wie ist das Sandwich?“ Komme keiner Al Pacino mit ehrfürchtiger Bewunderung für Shakespeare!

Pacino hat selbst Regie geführt bei „Looking for Richard“. Wie der Titel schon dezent andeutet, ist es nicht die Verfilmung des Theaterstücks „Richard III.“, sondern ein Film über die Proben. Dazwischen sind Spielszenen geschnitten, „dokumentarische“ Befragungen auf der Straße („Wie finden Sie Shakespeare?“ „Langweilig.“) oder New Yorker Partyszenen. Die Fragestellung ist klar: Worum zum Teufel geht es in „Richard III.“?

Pacino besucht mit seinem Team Originalschauplätze in England: Shakespeares Geburtshaus und das Globe- Theater, in dem „Richard III.“ uraufgeführt wurde und das die Briten gerade restaurieren. „Hi“, sagt er zu einer Bauzeichnerin, „wir sehen uns das Theater an, weil wir ,Richard III.‘ spielen wollen. Sie wissen schon: method acting.“ Und immer wieder Interviews mit britischen Shakespeare-Experten wie Vanessa Redgrave oder Peter Brook. Die Briten, diese arroganten Teufel, behaupten nämlich, Amerikaner können keinen Shakespeare spielen.

Um es vorwegzunehmen: Sie können. Alec Baldwin, der bisher nur in drittklassigen Filmen neben seiner Frau Kim Basinger aufgefallen ist, spielt in einer Szene Richards Bruder Clarence: Im Auftrag seines Bruders kommen zwei gedungene Mörder in den Kerker, in dem er gefangengehalten wird – und wie Baldwin an sie appelliert, fleht, schmeichelt, lockt, ist wirklich eine hinreißende Szene. Auch Kevin Spacey als Herzog von Buckingham dürfte Gnade vor kalten britischen Augen finden. Der einzige, der so gar nicht überzeugen will, ist Al Pacino in der Rolle des buckligen, abstoßend häßlichen Richards.

In einem der Interviews steht auch der Schauspieler Sir John Gielgud Rede und Antwort zu Shakespeare. Er hat keinen Buckel, und er ist auch nicht abstoßend häßlich. Und trotzdem – glaubt es oder nicht – sieht er aus wie Richard! Al Pacino hat für diese Rolle einfach zuviel unbedeutenden Charme. see

„Looking for Richard“. Regie: Al Pacino