■ Urdrüs wahre Kolumne
: Malocher im Ruhestand

Im Sonderpostenmarkt ist ein gewaltiges Gebirge von Kochtopf-Sets mit original Vergoldung aufgebaut, und obwohl der seitliche Eindruck des Kartons einen Preis von stattlichen 1.200 Mark aufweist, will man uns dieses Ensemble für 99 Mark nachschmeißen. Gleich fünf Packungen auf einmal türmt sich ein rosig strahlendes Ehepaar aus der Doppelherz-Werbung in den Einkaufswagen, und angesichts dieser Situation versucht ein zufällig auf der Suche nach reizarmen Unterhosen daherkommender Kolumnist sich spontan als Verbraucherschützer. „Sie wissen sicher, daß diese Pötte nie zwölfhundert Mark gekostet haben? Bei der Kaffeefahrt kriegense die Dinger beim Kauf einer Rheumadecke mit Magnetstreifen als Werbegeschenk dazu, die Töpfe sind nix wert!“ In aller Gelassenheit bestätigt der Schnäppchenjäger mit Nierenschutzweste und Lammfell-Imitat: „Das weiß ich auch, aber so alte Leute inner Verwandtschaft, die freun sich dann doch über so ein Geschenk. Die kochen ja doch kaum noch!“ Du wirst Dich wundern, Erbschleicher: Die original vergoldeten Sets bekommst Du in ein paar Jahren alle zurück. Und wohin dann mit dem Sondermüll?

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Daß der verdienstvolle Arbeiterführer und Malocher für Bremen bei der DAG in den Sack haut, bevor er sein Mobbing-Telefon in eigener Sache alarmieren muß, das ehrt den Hartmut Frensel. Aber warum sich so zieren mit der Angabe des neuen Arbeitgebers? Wir tippen auf das Intrigenreferat des Verbandes Deutscher Kopfschmerztablet-ten oder auf die Geschäftsführung bei Bürgerpark, Ocean-Park oder Space-Park. Irgendwas in dieser Richtung, mit Postfachanschrift Nassau/Bahamas.

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Nun hält man den Namen Oda-Gebbine Holze-Stäblein ja ganz leicht selbst für den einer Comic-Figur aus der heimischen Comedy-Szene, und dies vor allem dann, wenn er einer Pastorin zugeordnet wird. Diese Wort-zum-Sonntag-Predigerin aber gibt es tatsächlich in echt, und sie präsentiert derzeit folgerichtig König Saul und den kecken David mit der Steinschleuder in der hannoverschen Marktkirche als Strichmännlein aus der ungestümen Bleifeder eines Rüdiger Pfeffer aus Münster. Nach Ansicht der hannoverschen Bibelgesellschaft eine „heilsame Provokation“, nützlich für Altersgruppen, „die nicht zu den regelmäßigen Bibellesern gehören“. Verteilt lieber Steinschleudern des Modells Sinai, denn die Goliaths dieser Welt haben vom Micky-Maus-Club nichts zu befürchten!

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Derzeit erheblich von Liebeskummer und Weltschmerz gebeutelt, studiere ich mit besonderer Freude an kompensatorischen Freßübungen bis zum Zuckerschock die Aushänge von Speisezetteln vor Gasthöfen der rustikalen Art. Und lese dort gestern diesen beherzigenswerten Rat: „Mit Angst vor Schweinepest und Rinderwahn/ist nichts für Deinen Leib getan. Drum lass es Dir wohl schmecken/Du wirst sonst Hungers noch verrecken!“ Das Problem, hier ist es auf den Punkt gebracht.

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Nachdem von einer liebenswert-durchgeknallten Freundin im MIX ein Inserat für allerhand fromme und gesunde Traktate zu besserer Welterkenntnis mit meiner Anschrift als Bestelladresse erschien, erhielt ich neben irritierten Anrufen und vereinzelten Bestellungen auch den Brief eines frühpensionierten Bremer Lehrers, der dem „Sehr geehrten, lieben und gesegneten Herrn Verleger“ ein Manuskript zur Veröffentlichung anvertraute, das auf 800 (!) Schreibmaschinenseiten die „humanistisch-anthropologische Lösung aller Probleme der Schul- und Bildungspolitik in Bremen leistet“. Schlußsatz: „Wer dies widerlegen kann, der soll die Hand hochheben und einen Vortrag dagegen halten oder einen Aufsatz schreiben. Der Senat wird jedenfalls nach dieser Veröffentlichung nicht mehr ruhig schlafen können!“ Diese Publikation zu finanzieren, sollte nunmehr fürnehmste Pflicht der GEW sein, demonstriert sie doch zugleich, was Lehrer leisten können, wenn sie genügend Freizeit haben!

Seine Narrheit Prinz Ulrich