Durchs Dröhnland
: Girlfriend Jesus

■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche

Brit-Pop mag ja so tun, als sei er der Nabel der Welt, aber auch auf der Insel wird der Alltag bestimmt von diesem großen Haufen stinknormaler Rockbands, die vor allem ihre Gitarren richtig rum halten können, sich in Pubs und Clubs den Arsch abspielen und ansonsten darauf hoffen, bald tierisch berühmt zu werden. Die Smalltown Heroes gehören dazu, das Kaff, aus dem unsere Helden kommen, heißt Sunderland. Und die Musik, die die Band um das Gebrüderpaar Warne macht, nannte man einmal Pubrock, es ist halt schnell und geradeaus. Früher hätte man ihnen wahrscheinlich Popappeal bescheinigt, heute wirkt das Ganze eher konservativ. Das hat trotzdem zu lobender Erwähnung in der englischen Presse geführt, auch zur einen oder anderen „Single of the Week“-Einstufung. Und dazu, daß unsere Helden nun zum erstenmal außerhalb Britanniens auftreten. Historischer Moment also.

7. 2., 21 Uhr, Huxley's Cantina, Hasenheide 108–114

Man soll nicht alles glauben, aber das ist so hübsch, das soll erzählt sein: Smokey Wilson war acht Jahre alt, als er sich seine erste Gitarre aus Besenstiel, Flasche und Draht selbst baute. Verbürgt ist immerhin, daß der inzwischen 50jährige trotzdem ziemlich gut Gitarre spielen lernte und das dann mit Howlin' Wolf, B.B. King oder Elmore James zusammen tat. Dazu war er noch jahrelang der Betreiber des legendären Blues- Club Pioneer in Los Angeles. Unter der Woche trat hier auf, was Rang und Namen hatte, am Wochenende entehrte der Chef selbst die Bühne. Bei Wilson ist Blues wirklich noch fies kratzend und hat kein böser Produzent, wie zuletzt bei John Lee Hooker, den Massengeschmack bedient.

7. 2. und 9. 2., 20.30 Uhr, UFA- Fabrik, Viktoriastraße 13–18

Berlin als Bundeshauptstelle der metalverarbeitenden Industrie? Sieht fast so aus: Rammstein verdienen richtig Geld, und Infront klotzen auch am liebsten die dicken Gitarrenbreitseiten, aber sie kleckern auch schon mal einen hektischen kleinen Speed-Ausflug hin. Die Unentschiedenheit wird hier zum Hardcore, weil auch die Texte „soziale Mißstände verarbeiten“. Davon versteht man allerdings nicht viel, weil die Stimmbänder angemessen angeschmirgelt sind. Die einschlägige Presse ist voll des Lobs: „Zap“, Zentralorgan der Szene, fand es immerhin „krass“.

8. 2., 22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176

Sie kamen aus dem kleinen Dorf Krumbach in der Nähe von Augsburg und nahmen die Republik im Sturm – zumindest den Teil, der auf jamaikanische Filzhütchenmusik steht. Skaos hatten in der zweiten Hälfte der 80er die sattesten Bläser, die hektischste Rhythmusgruppe und das sicherste Gefühl dafür, wie man einen Saal zum Hoppeln kriegt. Nix Dub, keine Ausflüge in Weicheier-Reggae, dafür schon eher mal eine ungewohnt harte Gitarre. Nach fünf Jahren Pause taten sich Skaos 1995 wieder zusammen und veröffentlichten programmatisch erst mal ein Live-Album mit sechs Jahre alten Aufnahmen. Aber wenn Laurel Aitken im Rentenalter erst so richtig legendär wurde, können ja auch Skaos darauf hoffen, daß der Off-Beat erst gut abgehangen immer besser wird.

8. 2., 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 40/41

Ist Baby Bird ein exzentrischer Spinner oder ein berechnender Unternehmer? Warum macht man sechs Platten in einem knappen Jahr? Wirklich nur, um einen Bruchteil der Songs zu veröffentlichen, deren Zahl angeblich in die Hunderte gehen soll? Oder war das nur eine geniale Marketingidee, die sofort die Aufmerksamkeit der Presse sicherte? Naiv oder hinterlistig? Verschroben oder durchgeknallt? Auf jeden Fall schreibt Stephen Jones, wie er eigentlich heißt, wunderschöne Songs, macht mal kleine Low- Fi-Kritzeleien, dann den dicken Glam-Rock, mal ist er Liedermacher, mal Zeremonienmeister, mal pupstrocken, dann psychedelisch bis zur Schmerzgrenze. Englands Antwort auf Ween, mindestens. Und schließlich hat er den Draht nach ganz oben: „Jesus Is My Girlfriend“.

9. 2., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz

Die schönsten Geschichten schreiben doch nicht die Singer/ Songwriter, sondern immer noch das Leben selbst. David Munyon ist 45 Jahre alt, hat Vietnam und den Alkohol überstanden, soll ungefähr 800 Songs geschrieben haben, aber hat gerade mal seine dritte Platte herausgebracht. Und die ist dann auch noch exklusiv in Deutschland bei Glitterhouse erschienen, als hätte sich der Mann in den letzten Jahrzehnten nicht durch jeden verfügbaren Coffee Shop quer durch die Staaten gespielt. Munyons großes Vorbild ist wie für so viele andere der kürzlich verstorbene Townes Van Zandt, auch wenn seine Aufnahmen mit vollständiger Band wesentlich erdiger geraten, und die Steelguitar fröhlich dazu jammert. Ansonsten erzählt er mit seiner unglaublich weichen Stimme die üblichen Geschichten, in denen Menschen mit wenig Geld irgendwo hinfahren oder irgendwo ankommen, damit dort etwas passiert oder auch nicht.

9. 2., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224

Mögel hören sich an, als seien sie die unehelichen Söhne von Bad Religion oder die kleinen Brüder von NOFX, sie haben auch so weite Shorts an und sicherlich ein Skateboard im Schrank, aber zu Hause sind sie in Schweden, und Mögel bedeutet soviel wie „Schimmel“. Hin und wieder werden sie sogar politisch, weswegen ein Song dann „Fascist Pig“ heißt. Das ist schön für sie, der Rest ist einschlägiges Geklopfe mit teilweise schon fast zu hübschen Melodien.

11. 2., 23 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56 Thomas Winkler