Man trägt Schwanz

Die Modenschau „Männerausschnitt“: Auf der Suche nach den Trends für den Mann von morgen war  ■ Silke Mertins

Kann aus dem männlichen Körper etwas Schönes werden, zum Beispiel, indem man ihn mit stofflichen Hüllen behängt? Ja, ja! So rufen einem die Modelle der 17 Modedesign-Studentinnen entgegen, die unter Mithilfe der Hamburger Designerinnen Angelika Koohnert und Regine Steenblock ihre Schau „Männerausschnitt“ am Donnerstag abend uraufführten.

Was also trägt man bzw. Mann? Mode, so durften wir sinnlich erfahren, ist Kunst und als solche natürlich nicht frei von dem Bemühen, die Welt im allgemeinen und die Männlichkeit im besonderen begreifen zu wollen. Anders ausgedrückt: Das Beiwerk der Modenschau, das mit Dia-Projektionen und Musik und Gedichten und Pantomime zuweilen zum Hauptwerk zu werden drohte, soll nicht bedeuten, daß Männermode sich nicht selbst genügt.

Vielmehr muß die ausufernde Choreographie als Ausdruck der Postmoderne verstanden werden, die dem Individuum gleichrangig alle Möglichkeiten offenläßt. Zum Beispiel, ob man sich auf die stofflich freigelegte männliche Brustwarze, die purzelnden Worte („Ich streichle die Fußspitzen ihrer Tapetenreste“) oder die Pianotöne konzentrieren will.

Die Trends zu entlarven, ist angesichts dieser Reizflut eine kulturelle Herausforderung. Fest steht jedenfalls: Mann trägt wieder Schwanz, sowohl kurz als auch bodenlang. Bei diesem einen Appell an den Mut zur ostentativen Männlichkeit bleibt es aber nicht. Auch die Kreations-Reihe der durchsichtigen Stoffe – Plastik ist im Kommen – will dem Mannesfleische zu seinem Recht verhelfen, nämlich gesehen zu werden. Obwohl gewisse Partien mittels Unterfütterung seltsam untransparent bleiben. Mann trägt auch wieder Tiger und Zebra, insbesondere im Schritt. Angesagt ist zudem die antizyklische Frühlingsjacke mit Weihnachtsgeschenkpapiermuster.

Doch der Mann von morgen darf noch mehr: Pinkfarbene Püschelchen unter der Gürtellinie (vorne und hinten), selbiges wahlweise in orange oder grün mit Punkten. Dazu Söckchen (mit Püschelchen).

Und mußte der Mann sich bisher rein abstrakt als Krone der Schöpfung verstehen, kann er nun auch konkret ein Sahnehäubchen auf dem Kopf tragen. Anything goes. Nur womit man geht, ist modisch betrachtet unflexibel, paßt gleichwohl zu allen Modellen: schwarze Boots mit dicken Sohlen. Denn eine enthüllte Männerbrust rechtfertigt keine Freiheit für Käsefüße.

Männerausschnitt, heute um 19 und 21 Uhr, FH, Armgartstraße 24, 22/22 Mark, Tel.: 390 65 21