Wie Tannenbaum in Peking

■ In Berlin lebende Chinesen feiern an diesem Wochenende ihr Neujahrsfest. Schon am vergangenen Donnerstag begann für sie das Jahr des Feuerbüffels

Die meisten Neujahrskarten dürften längst im Papierkorb gelandet sein. Doch für Chinesen und deren Freunde wurden die schriftlichen Glückwünsche erst jetzt aktuell. Ganz China ist seit Donnerstag abend im Neujahrstaumel. Das ruhige Jahr des Feuerbüffels löst das erfolgreiche Rattenjahr ab. Zwar wird auch in China nach dem gregorianischen Kalender schon das Jahr 1997 gezählt, gefeiert wird aber nach der alten Tradition des Bauernkalenders. Das lassen sich auch die rund 5.000 in Berlin lebenden Chinesen nicht entgehen.

„Das chinesische Neujahrsfest wird auch Frühlingsfest genannt und ist wie Weihnachten. Es ist das größte Familienfest nach dem Mondkalender“, sagt Dagmar Yü- Dembski von der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft. „Im kommunistischen Festland müssen viele Chinesen durch das ganze Land reisen, um zu ihrer Familie zu kommen, weswegen es normalerweise drei Tage zu Neujahr frei gibt“, erklärt Yü-Dembski. „Aber hier geht das natürlich nicht, dafür ist unsere Gemeinde viel zu klein.“ Die meisten Chinesen in Berlin haben sich darum dem deutschen Rhythmus angepaßt und am Donnerstag nur sehr verhalten gefeiert. Ein bißchen liegt das auch daran, daß „die Atmosphäre fehlt“, wie der in Berlin lebende Xu Huan sagt. „Das ist so, als ob man einen Tannenbaum in Peking aufstellen würde.“

Traditionsbewußte Familen schmückten natürlich trotzdem ihre Wohnungen mit glücksbringenden Spruchbändern. Tagelang wurde das Festessen mit chinesischen Ravioli und Fisch vorbereitet. Die Kinder bekamen kleine rote Umschläge mit Geld, denn Reichtum ist einer der wichtigsten Wünsche. Nur Feuerwerkskörper durften wegen des deutschen Verbots nicht gezündet werden. „Dafür haben die Chinesen an Silvester gleich für ihr eigenes Neujahr mitgeknallt“, weiß Yü-Dembski.

Richtig gefeiert wird erst an diesem Wochenende. In der alten TU-Mensa treffen sich heute ab 17 Uhr die Festlandchinesen aus der Volksrepublik. Es wird Spiele für Kinder geben, und ab 20 Uhr treten ein chinesischer Chor und der Opernsänger Liu Kequing auf. Die taiwanischen Gruppen feiern separat ab 18 Uhr im Rathaus Reinickendorf. Der klassische Löwentanz, der böse Geister vertreiben soll, wird morgen neben anderen Vorführungen ab 14.30 Uhr in der School of Chinese Martial Arts (Reichenberger Str. 125) gezeigt und ab 15 Uhr in der Kung Fu Academy (Gneisenaustr. 45). Deutsche Gäste sind herzlich eingeladen. Ania Mauruschat