Im Dschungel der neuen Mediennetze

Multimedia bringt eine Menge neuer Berufsbilder. Rund 180.000 neue Jobs soll der neue Markt schaffen, weit weniger als erwartet. Wer mitmischen will, ist vor allem auf die Ausbildung bei privaten Anbietern angewiesen  ■ Von Tanja Hamilton

CAD-Visualisierung, Online- Projektmanagement, 3-D-Modelling – die Liste der Fort- und Ausbildungsangebote im Bereich der „neuen Medien“ ist lang, die Kursbezeichnungen oft phantasievoll und für den Laien schwer zu durchschauen. Seitdem der PC zum wichtigsten Arbeitsinstrument geworden ist, Internet und CD-Rom zum Alltag gehören, ist „Multimedia“ das neue Zauberwort in der Kommunikationsbranche. Wer seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt auf Dauer sichern möchte, da sind sich Wirtschaftsexperten einig, muß die neuen Techniken locker beherrschen.

Doch die anfängliche Euphorie über das Wachstumspotential der Informationsbranche ist, zumindest was die Beschäftigung anbelangt, mittlerweile verflogen. Vor drei Jahren noch geisterten Zahlen der US-Unternehmensberatung Arthur D. Little durch die Presse, die europaweit neue Arbeitsplätze in Millionenhöhe prophezeien. Heute spricht das Ifo-Institut in München von gerade einmal 180.000 neuen Jobs, die in den nächsten fünfzehn Jahren im Medien- und Kommunikationsbereich zu erwarten sind.

„Genaue Schätzungen sind schon deshalb schwierig, weil es gerade in dieser Branche gar keine traditionellen Arbeitsstrukturen gibt“, so Werner Dostal vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. „Die größte Zahl der Leute sind freie Mitarbeiter, die nur für die Dauer eines Projekts angeheuert werden.“ Zudem werden durch die neuen Tätigkeitsfelder in vielen Fällen nur alte Berufe verdrängt. Der „EDV- Kaufmann“ beispielsweise ist schon lange überholt und soll im Sommer dieses Jahres durch vier neue informationstechnische Lehrberufe ersetzt werden. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Berlin arbeitet gerade die neuen Ausbildungsrahmenpläne aus.

Wer den Multimedia-Zug nicht verpassen möchte, ist zur Zeit noch hauptsächlich auf die Angebote von privaten Bildungsträgern angewiesen. Und hier muß zum Teil tief in die Tasche gegriffen werden: Eine berufsbegleitende Qualifizierung zum 3-D-Operator kostet beispielsweise im Silicon Studio in Adlershof schlappe 4.000 Mark, eine zweijährige Erstausbildung zum Media-Designer an der Berliner Multimedia Akademie knapp 1.000 Mark im Monat.

Die staatlichen Hochschulen stellen sich indessen nur langsam auf den Trend ein. In Berlin bietet bislang nur die Hochschule der Künste (HdK) in den Studiengängen „Bildende Kunst“ und „Industrial Design“ eine Spezialisierung in Multimedia an. Gerade die Hochschulen können aufgrund ihrer gespannten Finanzlage allerdings kaum mit den rasanten Entwicklungen auf dem Markt mithalten.

„Das Equipment ist eigentlich grundsätzlich veraltet“, so Hans Weißmann vom BIBB. Quereinsteiger dagegen, die durch Hospitanzen Fuß in der Branche fassen, werden direkt an den modernsten Geräten angelernt – und bleiben angelernte Kräfte, mit allen Nachteilen, etwa bei einer Arbeitslosigkeit.

Um diesem Wildwuchs Einhalt zu gebieten, kreierten Druckarbeitgeber, IG Medien und das BIBB im vergangenen Jahr drei neue Medienberufe, die seit August ausgebildet werden: Der „Film- und Videoeditor“, der dem klassischen Cutter endlich einen anerkannten Abschluß bringen soll. Der „Mediengestalter Bild und Ton“, der für die elektronische Bearbeitung von Magazinbeiträgen, Werbespots oder Hörspielen zuständig ist. Und der „Werbe- und Medienvorlagenhersteller“, die erste anerkannte Lehre, in der Multimedia-Techniken vermittelt werden.

Doch nur äußerst wenige konnten bis jetzt einen der begehrten Ausbildungsplätze ergattern: Für den Mediengestalter wurden bundesweit noch nicht einmal 250 Lehrstellen geschaffen, 18 davon nur in Berlin. Film- und Videoeditoren gibt es im ganzen Land sogar nur elf. „Das Problem ist, daß drei Viertel aller Produktionsformen im Medienbereich kleine Rucksackunternehmen sind, mit einer Handvoll Mitarbeiter, die gar nicht in der Lage sind, auszubilden“, so Weißmann. Das Hochschulstudium soll die Lehre aber nicht ersetzen. Auf der Ebene der Konzeption werden auch in Zukunft weiterhin Studienabgänger gefragt sein. Doch ob Lehre oder Studium: Bei der Erstausbildung kann es im Multimedia-Bereich nicht bleiben. „Nur wer Eigeninitiative hat, sich ständig weiterentwickelt, hat eine Chance“, so Bärbel Strube vom Silicon Studio.

Wie aber durchblicken im Dschungel der Angebote? Der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) erarbeitet gerade Qualitätskriterien, an denen Laien die Güte eines Fortbildungskurses erkennen sollen. „Inhaltlich sollte sich die Ausbildung an einem der vier Tätigkeitsfelder Konzeption, Screen-Design, Projekt-Management oder Programmierung orientieren. Alles andere ist Firlefanz“, so Peter Schisler vom dmmv. „Das Equipment muß natürlich neu sein, es sollte Teamfähigkeit vermittelt werden, und vor allem müssen die Teilnehmer die richtigen sein: Leute mit einschlägiger Vorbildung und nicht der Bäcker mit Mehlallergie, der sich umschulen lassen will.“

Eine Reihe privater Bildungsträger bietet in Berlin Multimedia- Kurse an:

*BSD-Gesellschaft für innovative Bildung mbH, Winsstraße 12, 10405 Berlin, tel.: 442 80 95

*mediadesign GmbH, Multimedia Akademie, Alt-Moabit 96b, 10559 Berlin, Tel.: 399 266-0

*Silicon Studio, Berlin am ITW, Rudower Chaussee 3, 12849 Berlin, Tel.: 670 98 00