Herten als Klinikstandort bestätigt

■ Landschaftsverband will Straftäterklinik in Herten. Allparteienkoalition fordert „baldigen Baubeginn“

Münster (taz) – Für den Neubau einer Klinik für psychisch kranke Straftäter bleibt die am nördlichen Rand des Ruhrgebiets gelegene Kleinstadt Herten weiter erste Wahl. Einen entsprechenden Beschluß faßten gestern die politischen Gremien des für die Betreibung von forensischen Kliniken in Nordhrein-Westfalen zuständigen Landschaftsverbandes Westfalen- Lippe in Münster.

An den Düsseldorfer Gesundheitsminister Axel Horstmann (SPD) erging von den Abgeordneten des Verbandes bei nur einer Gegenstimme die Aufforderung, „angesichts der dringend notwendigen Entlastung“ der Straftäterklinik in Eickelborn „umgehend“ eine Entscheidung für Herten zu treffen und den „baldigen Baubeginn einzuleiten“. Herten sei der „am besten geeignete Standort“ für eine neue forensische Klinik.

Horstmann hatte die Planungen für das in Herten und der Region heftig bekämpfte Projekt Mitte Dezember letzten Jahres gestoppt, nachdem ein von ihm beauftragter Gutachter nicht ausschließen mochte, daß es im Verlauf des Entscheidungsprozesses für den Standort möglicherweise zu rechtlich relevanten Verfahrensmängeln gekommen sein könnte. Die Standortauswahl sei zwar „sachgerecht“ erfolgt, schrieb der Gutachter, aber im Zusammenspiel zwischen dem Landschaftsverband und dem Ministerium habe es möglicherweise eine „Kompetenzverwischung“ gegeben. Dadurch sei unter Umständen die Entscheidungsfreiheit der politischen Gremien des Landschaftsverbandes eingeengt worden. An die Landschaftsversammlung ging deshalb aus Düsseldorf die Aufforderung, das im Oktober letzten Jahres beschlossene Votum für Herten noch einmal zu überprüfen.

Gegen diese Prozedur, die dem von Politikern und der Bevölkerung der Region heftig bedrängten Arbeitsminister zeitlich ein bißchen Luft verschaffte, hagelte es gestern heftige Kritik aus allen politischen Lagern. Nach der gestrigen Abstimmung kann sich die Düsseldorfer rot-grüne Landesregierung nun nicht mehr vor einer Entscheidung drücken. Angesichts der totalen Überlastung von Deutschlands größter Straftäterklinik in Eickelborn ist ein Neubau dringend erforderlich. Seit gut zweieinhalb Jahren warten die Menschen dort auf die versprochene Dezentralisierung des Maßregelvollzugs für psychisch kranke Sexual- und Gewaltverbrecher. „Wir haben“, so der grüne Abgeordnete Klaus Behling gestern, „ein gesellschaftlich brisantes Problem zu lösen.“ Die Bevölkerung protestiert heftig gegen den Klinikneubau. Walter Jakobs