Deutsche, hißt die Flagge!

■ 4,7 Millionen ohne Job? Nur nicht nervös werden

Stillgestanden! Kompanieführer Bernhard Jagoda gibt anläßlich der neuen Arbeitslosenzahlen den Tagesbefehl aus: „Es ist jetzt nicht die Zeit gekommen, die weiße Flagge am Standort Deutschland aufzuziehen. Es wird vielmehr Zeit, daß wir hier Schwarz-Rot- Gold aufziehen.“

Zu Befehl!

Rührt euch!

Knapp 4,7 Millionen Arbeitslose? Kein Problem. Jetzt nur nicht nervös werden. Es gibt keinen Grund zum Pessimismus. „Es bleibt ein zentrales Anliegen der Politik, hier etwas zu tun“, sagt der Kanzler. Na bitte, die Politik tut was. Falls das immer noch nicht reichen sollte – der Rest kommt ganz allein. Bernhard Jagoda, der Buchhalter der Arbeitslosigkeit, weiß, daß „man im Frühjahr wie nach einem Naturgesetz darauf bauen kann, daß die Beschäftigtenzahlen wieder zunehmen“. Die Miesmacher und Ideologen und alle Sozialdemokraten dieses Landes sollten sich daran ein Beispiel nehmen: Im Zeitalter des Neoliberalismus steht die Natur im Dienst des Vaterlandes.

Ausgerechnet jetzt kramt der Kanzler zu Hause in Oggersheim nach der weißen Flagge. Im Interview mit seinem Haus-und-Hof-Blatt Rheinpfalz läßt er Zweifel an seinem Ziel aufkommen, die Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2000 zu halbieren: „Ich sage aber nicht, daß wir es genau schaffen.“ Was heißt hier „genau schaffen“? Was wir brauchen, ist eine Politik des Ungefähren, ein Optimismus des Darüberhinwegredens. „Für einen Christen ist das halbleere Glas immer halbvoll“, hat Helmut Kohl einmal gesagt. Na also, da werden fünf Millionen Arbeitslose doch wohl kein Problem sein. Alles eine Frage der Perspektive: Fünf Millionen sind die Hälfte von zehn Millionen.

Der Kanzler aber schwankt. Doch deutsche Patrioten stehen ihm bei. Der Mann der Stunde, Bernhard Jagoda, hat berichtet, daß sich seine Mitarbeiter und er in diesen schweren Tagen nicht verrückt machen ließen. „Wir haben nicht die Nerven verloren, sondern versucht, Linie zu halten.“ Genau das macht unser Land und die Mark so stark: Linie halten, Hand an die Hosennaht und die deutsche Flagge hissen. So wird unser Standort nicht nur morgen, sondern in 50 und auch noch in 100 Jahren stehen. Deutschland in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf. Jens König