Bündnis 90/Die Grünen
: Beigelegt, aber nicht erledigt

■ Außergerichtliche Vereinbarung über sexuelle Belästigung

Mit einer außergerichtlichen Einigung ist die Auseinandersetzung um sexuelle Belästigung bei den Grünen am Samstag beigelegt worden. In der Vereinbarung zwischen dem Beschuldigten, Matthias Dittmer, und den beiden Frauen heißt es, daß die Frauen „die Angelegenheit als erledigt betrachten“. Sie würden den Vorwurf gegen ihn „nicht wiederholen“. Dittmer verzichtet im Gegenzug auf die Durchsetzung der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung, die er gegen die Frauen erwirkte.

Dittmer, der dem Landesvorstand der Partei angehört, sah deshalb auch davon ab, bei der Landesdelegiertenkonferenz die Vertrauensfrage zu stellen. Er will bei der Neuwahl des Parteivorstands im Mai erneut kandidieren. Seiner Wiederwahl werden allerdings keine Chancen eingeräumt.

Geklärt sind die Vorwürfe, Dittmer habe im Herbst vergangenen Jahres eine 26jährige Praktikantin der Partei sexuell belästigt, nicht. Zahlreiche bündnisgrüne Frauen äußerten sich am Rande der Delegiertenkonferenz empört darüber, daß Dittmer weiterhin dem Parteivorstand angehört. Auf Unmut stieß auch die Vereinbarung, daß die Partei nicht nur die Prozeßkosten der beiden Frauen, sondern auch die von Matthias Dittmer übernimmt. Eine Gruppe von Frauen erwägt, bei der nächsten Sitzung des Landesausschusses einen Antrag zu stellen, wonach Dittmer sein Amt im Parteivorstand bis zur Neuwahl ruhen lassen soll. Doch selbst wenn ein solcher Antrag eine Mehrheit fände, dürfte dies folgenlos bleiben. Bereits im Dezember hatte das Gremium Dittmer nahegelegt, sein Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen. Dies hatte Dittmer schlicht ignoriert.

Ein Verfahrensvorschlag, wie künftig mit Vorwürfen sexueller Belästigung in der Partei umgegangen wird, wurde am Samstag vorgestellt. Danach sollen drei Frauen in eine Beschwerdekommission gewählt werden, die etwaige Vorwürfe nicht-öffentlich prüft. Falls es nicht zu einer Einigung zwischen den Beteiligten kommt, empfiehlt die Kommission dem Landesschiedsgericht, eine angemessene Sanktion zu verhängen. Die Vorschläge werden jetzt innerparteilich diskutiert und sollen bei der nächsten Landesdelegiertenkonferenz verabschiedet werden.

Geplant ist außerdem eine Umfrage unter den weiblichen Mitgliedern, inwiefern sie in der Partei sexuelle Belästigung erlebt haben. Dorothee Winden