Plündernde Kämpfer machen die Gegend unsicher

■ Nach Angaben ausländischer Helfer erreicht die Nahrung oft die Lager nicht

Das Baby war völlig ausgezehrt und so schwach, daß es keinen Hungerschrei mehr von sich geben konnte. Hätte der Fahrzeugkonvoi der UN-Hochkommissarin Sadako Ogata nicht gestoppt und das am Weg nach Tingi-Tingi liegengelassene Kind mitgenommen, wäre es inzwischen wohl schon tot. Allein in der Gegend um Tingi-Tingi – das mit rund 130.000 Insassen derzeit größte Flüchtlingslager im Osten Zaires – sterben nach Angaben ausländischer Helfer jeden Tag etwa 30 entkräftete Menschen an Hungerkrankheiten. Die meisten von ihnen sind Kinder. „Die größten Sorgen machen wir uns um die Kinder ohne Angehörige“, sagt Sadako Ogata, die Chefin der UNHCR.

Ihre Bestürzung über die schlimmen Zustände in Tingi- Tingi war ihr auch gestern, einen Tag nach dem Besuch des Lagers, noch anzumerken. Mehr als 3.000 unterernährte Waisen sowie Kinder, die von ihren Eltern in den zairischen Kriegswirren verlassen wurden, irren allein in Tingi-Tingi umher oder liegen apathisch am Boden. Wie viele es draußen im Dschungel sind, wo ungezählte Trecks von Zehntausenden entkräfteter Menschen schon seit Wochen Schutz vor den anhaltenden Kämpfen und nach Nahrung suchen, weiß niemand genau.

„Wir unternehmen alles, was wir können, um zu helfen“, sagt der Afrika-Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), Mohammed Zejjari. Doch er weiß, daß dies nicht genug ist. Zwar hat das WFP am Samstag erstmals seit Wochen wieder größere Mengen Nahrungsgüter in die Provinzhauptstadt Kisangani fliegen und die leeren Vorratslager dort auffüllen können. Doch zwischen Kisangani und Lubutu, dem zentralen Ort des Notstandsgebietes, liegen nicht nur 280 Kilometer einer schwer befahrbaren Schlaglochpiste. Plündernde Soldaten der zairischen Armee, die Hutu-Milizen und Rebellen machen die Gegend unsicher.

Bislang hat nur ein viel zu kleiner Teil der Hilfsgüter Tingi-Tingi erreicht, während die Notlage durch Tausende Neuankommende von Tag zu Tag größer wird. Thomas Burmeister (dpa), Nairobi