Ein Tag für 7,88 Mark

■ Focke-Museum ruft zu Spendenaktion auf und präsentiert seinen neuen virtuellen Rundgang durch 1.216 Jahre Bremische Geschichte

Glitzernde Februarsonne flutet durch den Flur im Bremer Focke-Museum. Dietrich Zeyfang zieht einen Taschenkalender aus der Anzugtasche, zählt Tage, rechnet und präsentiert schließlich die stolze Zahl: „1.875,44 Mark“. Genau 238 Tage bremischer Geschichte im Museum will der Vorsitzende vom „Verein von Freunden des Focke-Museums“ damit finanzieren – und setzte gestern den ersten Baustein für eine neuartige Spendenaktion. Das Motto: Ein Tag Museums-Geschichte kostet für spendenwillige Bremer BürgerInnen genau 7,88 Mark.

Schließlich will das sanierte Bremer Focke-Museum spätestens im Mai 1998 öffnen – mit einem völlig neuen historischen Rundgang. Aber dazu fehlen noch genau 500.000 Mark. Da lag es doch nur nahe, so Vereinsmitglied Zeyfang, Bremens BürgerInnen für eine Baustein-Aktion zu gewinnen. Je nach Geldbeutelgröße stellte der Freundesverein Spendensteine im Wert von einem Tag bis zu zehn Jahren auf – nach einer simplen Formel: Wenn im Museum 1.216 Jahre Bremer Geschichte präsentiert und dafür 3,5 Millionen Mark gebraucht werden, entfallen auf einen Tag genau 7,88 Mark.

Der Löwenteil bremischer Geschichte ist bereits finanziert: Rund eine Million Mark steuerte das Kulturressort und weitere knapp zwei Millionen Mark namhafte Stiftungen bei. Jetzt fehlt noch eine halbe Million für neue Vitrinen, Lampen und Stühle, die Bremens BürgerInnen per Spende indirekt in ihr „Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte“ stellen können.

Den „ersten Baustein“ vom Vereinsvorsitzenden nahm gestern ein zufriedener Museumsleiter Jörn Christiansen in Empfang – im Haupthaus, durch das noch Bohrgeräusche dröhnen und in dem Handwerker im Blaumann eskortieren. Immerhin: Die neuen Fenster sind schon eingesetzt und frisch geputzt. Da kitzelte den engagierten Museumsleiter die Frühlingssonne und Christiansen zauberte eine frischgedruckte Museums-Broschüre aus der Tasche – sollte die interessierte Öffentlichkeit doch erfahren, was das neu konzipierte Focke-Museum im nächsten Jahr zu bieten hat.

Schwäbische Akustik-Guides, schwäbelte witzelnd das Vereinsmitglied Zeyfang, werde es zwar nicht geben. Dafür aber können BesucherInnen per Ohrknöpfchen einer deutschen, englischen oder französischen Museumsführung lauschen. Da leuchtet zum Beispiel in einem rekonstruierten Bremer Haus ganz oben eine Kammer auf – und die Ton-CD-Rom plaudert vom Leben der Dienstmädchen im Haus.

Bewegung sowie bewegte Bilder und Töne – darauf zielt das innovative Museumskonzept ab. Eine Zeitreise durch die Bremer Geschichte, die mit einer extra konzipierten Multivision im Foyer startet. Vier Uhren am Eingang drehen die Zeitachse zurück. Wer will, der stempelt seine Eintrittskarte in einer Stechuhr ab. „Wir wollen nämlich auch interaktive Spielereien anbieten“, erklärt Museumsleiter Christiansen. Da können per Kran und Schaltknüppel Lasten gehoben oder per Computer-Simulation optische Telegraphenimpulse nachgespielt werden, „als damals Schiffe in Bremerhaven landeten, wollte man ganz schnell Signale geben. Das sind Beispiele für die Anfänge der Kommunikation“, so Christiansen.

„Wir nehmen es sogar mit Berlin auf“, ist sich der Museumsleiter sicher. Im Deutschen Historischen Museum war Christiansen, um „mal die Akustik-Guides zu testen.“ Doch der Rest hätte ihn enttäuscht. „Das ist ja bloß ein Vitrinen-Museum“, sagt er, schaut stolz auf die frisch gedruckte Konzept-Broschüre und schlägt sie schließlich zu: Die Reise ins virtuelle Museum ist zu Ende. „Ach, wir haben da ja auch noch einen neuen Museums-Shop geplant“, fügt Christiansen hinzu. Doch mehr dazu in etwa 450 kräftig spendierten Tagen.

Katja Ubben

SpenderInnen melden sich im Museum, 361 3575 oder 361 30 46. Auf Wunsch winkt eine namentliche Nennung zum Lohn.