Senat entscheidet punktgenau

■ Modernes Entscheidungsmanagement im Senat: Politik just in time. Adlershof und Investitionsplanung kommen gerade noch rechtzeitig. Parlament muß warten

Konfliktvermeidung in der Großen Koalition hat einen neuen Namen: die absolut termingenaue Entscheidung. Diese Praxis geht jedoch auf Kosten der Untergebenen. Und jener demokratischen Institutionen, die auf die Zuarbeit des Senats warten. Der nämlich entscheidet nur just in time, zu deutsch: Gerade noch rechtzeitig entscheidet der Senat zu Adlershof und der Investitionsplanung des Landes.

Diesmal erwischte es den Wissenschaftsstaatssekretär Erich Thies (CDU). Thies wurde, obwohl seine bevorzugte Fortbewegungsart „nicht die des Hastens ist“ (Radunski), von seinem Chef eilig und ohne Handgepäck zum Wissenschaftsrat nach Köln entsandt. Der beriet darüber, ob sich der Bund an dem 700-Millionen- Mark-Zukunftsprojekt Adlershof beteiligt. Thies saß in Köln mit leeren Händen. Radunski in Berlin im Senat – um punktgenau aus der Senatssitzung via Telefon nach Köln zu übermitteln: Berlin will Adlershof! Die Arbeit beginne, sprach Radunski über das Klima im Senat, „ihm Spaß zu machen“. Nach einem Jahr Amtszeit. Doch je öfter das „Pro Adlershof!“ im Senat fällt, um so größer geraten die Fragezeichen über Neubau und Umzug des naturwissenschaftlichen Campus der Humboldt-Uni. Selbst Radunski gestand nach der Senatssitzung ein, daß die zweite Welle der Institutsverlegungen von Mitte in den Südosten Berlins so spät komme (2005), daß darüber „noch mal geredet werden muß“. Die Studierenden der Kernfächer Chemie, Physik, Mathe müssen in Adlershof fast zwei Jahre ohne Bibliothek auskommen. Anfang 2002 wird studiert, Ende 2003 ist die wissenschaftliche Literatur zugänglich.

Eigentlich sollte auch die Investitionsplanung des Landes gestern fertig sein. Aber eine einwöchige Lagerhaltung von Beschlüssen ohne Zerreden oder Verwässern ist des Senates Sache nicht. Das Parlament muß warten. Mit der Investitionsplanung für 1997 und fortfolgende Jahre wird es nur just in time bedient. Der wichtige Hauptausschuß wird die I-Planung nicht mehr sehen. Aber das Plenum des Abgeordnetenhauses bedient der Senat mit den Investitionsplänen wenigstens noch. Gerade rechtzeitig. Nächste Woche. Christian Füller