Schach dem Planspiel Innenstadt

Die Bündnisgrünen legen „Konfliktplan zum Planwerk Innenstadt“ auf den Tisch und fordern alternative Konzepte. Weiterbau aus dem Bestand und unter ökologischen Gesichtspunkten lauten einige ihrer Hauptforderungen  ■ Von Rolf Lautenschläger

„Planspiele allein nutzen nichts“, sagt Stadtentwicklungssenator Peter Strieder und geht mit dem Masterplan in die Offensive. Das „Planwerk Innenstadt“ soll nicht nur Papier bleiben, sondern in den kommenden Monaten auf den Weg in Richtung Verwirklichung gebracht werden. Für die City-West, die Fischerinsel, das Kulturforum oder die historische Mitte werden konkrete Szenarien des Stadtumbaus und der Rekonstruktion ausgelotet. Schließlich, so der Senator und sein Adlatus, Staatssekretär Hans Stimmann, „geht es hier um die grundsätzliche Weichenstellung für die Zukunft der Stadt“ – bestehende Bebauungspläne in den Bezirken und für die Bundesregierung hin, Ablehnung und Kritik am Verfahren her.

Damit die Kritik am Masterplan nicht bloße Verweigerung bleibt (nicht wenige Stadtplanungsexperten wie etwa Sabine Ritter, einstmals bündnisgrüne Baustadträtin in Schöneberg, wünschen sich „das Ding auf den Müll“), hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen „Konfliktplan zum Planwerk Innenstadt“ vorgelegt. Auf dem Stadtplan, der vom Bahnhof Zoo über das Gleisdreieck, die Friedrichstraße, die Fischer- und Museumsinsel bis zum Alexanderplatz reicht, haben die Grünen Quartiere, Straßen und Grünflächen aufs Korn genommen, die der Masterplan aus dem Hause Strieder ihrer Ansicht nach traktiert.

„Die Intention des Konfliktplans ist“, betont Ida Schillen, baupolitische Sprecherin der Partei, „sich an der Debatte zum Masterplan zu beteiligen, ohne aber an dem vorgegebenen Leitbild entlang zu diskutieren. Darüber hinaus bildet der Konfliktplan einen ersten Baustein zu direkten Auseinandersetzung mit spezifischen Orten in der Stadt.“

Konkret weisen die Bündnisgrünen hauptsächlich auf vier Schwachstellen des Strieder-Konzepts und seine „Widersprüche zur Bezirksentwicklung“ hin. Zum einen, so der Gegenentwurf, ignoriere der Masterplan auf der Fischerinsel und östlich des Alexanderplatzes die bestehende Wohnbebauung. Eine massive Verdichtung greife „sozialunverträglich“ in die vorhandene Struktur ein und berge die Gefahr in sich, das Wohnumfeld dort zu „zerstören“. „Brisant“, sagt Ida Schillen, seien auch das Bebauungsplanverfahren für die „Banane“ – das längliche Areal südlich des Alexanderplatzes – und die Hochhausplanungen am Alex. Daß der Masterplan diese „Symbole der Wendeeuphorie ausklammert, statt sie zu stoppen“, hält Schillen für mangelhaft. „Dort haben sich die Rahmenbedingungen geändert.“

Zum anderen kritisiert der Konfliktplan die Eingriffe ins Wohnumfeld und in bestehende Gewerbegebiete am Charlottenburger Spreebogen und in der Otto-Suhr- Siedlung. Dort fordert Schillen nicht nur eine „breite Diskussion“, sondern eine grundsätzliche Entscheidung zur Frage, wie mit dem „Städtebau der Moderne umgegangen werden muß“. Anstelle zu verdichten und den Stadtgrundriß zu rekonstruieren, müsse nachgedacht werden, ob und wie ein Weiterbau unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll wäre.

Zum dritten beschäftigt sich der Konfliktplan mit dem Straßenbau. Schillen: „Hans Stimmann hat sich gerühmt, daß der Masterplan einen Rückbau von Straßen beinhaltet.“ Tatsache sei jedoch, daß insgesamt 90 Kilometer mehr Asphaltpisten vorgesehen sind. So werden Trassen geschlagen über den Mehringplatz, quer durch den Park am Gleisdreick, die Ministergärten oder über den Campus der Technischen Universität. Solche Pläne seien sowohl unter umweltverträglichen als auch unter wirtschaftlichen Aspekten „mehr als fragwürdig“. Allein der Rückbau der Lietzenburger Straße/An der Urania bringe große technische Probleme mit sich.

Schließlich konfrontiert der Konflikplan den Masterplan mit öffentlichen Freiflächen, die im Planwerk einfach überbaut werden. Am Werderschen Markt, am Mehringplatz oder östlich des Gleisdreiecks würden Parkanlagen zugebaut, statt die Grünverbindungen zu respektieren.

Damit der Konfliktplan, der von der Stadtplanerin Gerlinde Mack erstellt wurde, nicht Planspiel bleibt, legen die Grünen, ebenso wie Strieder, nach: Nach Ostern, so Schillen, werde der Entwurf zum Teil in einen „Alternativplan“ münden – „unsere Antwort auf den Masterplan“.