EU verlagert BSE-Kompetenzen

■ Der Verbraucherschutz wird gestärkt, der Agrarkommissar muß Auschuß-Kontrolle abgeben

Brüssel (taz) – Die EU-Kommission in Brüssel hat erste Konsequenzen aus der BSE-Krise gezogen und den Verbraucherschutz bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen deutlich aufgewertet. Für die tiermedizinischen Kontrollen und die Zusammensetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse soll künftig nicht mehr die Agrarabteilung, sondern die EU-Kommissarin für Verbraucherschutz, Emma Bonino, zuständig sein.

EU-Kommissionspräsident Jacques Santer reagierte damit auf die Vorwürfe, seiner Behörde sei beim Umgang mit der britischen Rinderseuche BSE die Rettung des Rindfleischmarktes wichtiger gewesen als der Schutz der Verbraucher. Der BSE- Untersuchungsausschuß im Europaparlament (EP) hatte festgestellt, daß die EU- Kommission die Gefahren des Rinderwahnsinns für die Menschen lange Zeit bewußt heruntergespielt hatte.

Als Ursache dafür hatten die Abgeordneten unter anderem ausgemacht, daß die Lebensmittelaufsicht bisher bei der Landwirtschaftsabteilung angesiedelt war, die sich für den Einfluß der Agrarlobby besonders aufgeschlossen zeigte. Am kommenden Mittwoch will das EP den BSE- Untersuchungsbericht absegnen. Der Ausschußvorsitzende Reimer Böge (CDU) drohte mit einem Mißtrauensvotum gegen die gesamte Kommission, wenn Santer die Mißstände in seinem Haus nicht in den nächsten Monaten beseitige.

Mit der sofortigen Umstrukturierung will dieser dem Parlament den Wind aus den Segeln nehmen. Das Verbraucherressort soll bis März deutlich vergrößert werden. Neuer Generaldirektor wird der deutsche Spitzenbeamte Horst Reichenbach, bisher Kabinettschef der EU-Kommissarin Monika Wulf-Mathies. Zusammen mit seiner künftigen Chefin, der italienischen EU-Kommissarin Emma Bonino, soll er das Vertrauen der Verbraucher in die EU wiederherstellen. Bonino war in letzter Zeit damit aufgefallen, daß sie die Mauscheleien in der EU-Kommission sowohl bei BSE als auch bei der Zulassung von genetisch manipulierter Soja und Mais kritisierte. Alois Berger