Im Mittelmaß gemütlich eingerichtet

■ Mit Richard Golz im Tor spielt der Hamburger SV morgen beim Karlsruher SC

Nach dem Verletzungspech von Torwart Uli Stein (40) erhält der 1,99 Meter große Torwart-Schlaks Richard Golz beim morgigen Gastspiel des HSV beim Tabellensiebten, dem Karlsruher SC (15.30 Uhr), eine neue Chance, sich als zukünftiger Stammtorwart zu empfehlen.

Vor acht Jahren beerbte der 26jährige den damals wegen eines Faustschlags suspendierten Uli Stein im Tor. Nach 190 Bundesligaeinsätzen und Berufungen in die U 21-Auswahl wurde Golz zu Beginn der Saison von dem in Frankfurt in Ungnade gefallenen Rückkehrer wieder verdrängt. Trotz seines unbequemen Stammplatzes auf der Reservebank hat der gebürtige Berliner seinen Vertrag bis 1997 verlängert.

In den nächsten Wochen darf Golz vorerst wieder die 1 auf dem Trikot tragen. Die Rolle des Bankdrückers würde er am liebsten sofort abstreifen: „Ich möchte so schnell wie möglich wieder die Nummer eins werden.“ An Steins Leistung habe es nichts zu kritisieren gegeben. „Es wäre lächerlich gewesen zu sagen, ich bin dran. Aber jetzt greife ich an.“

Kämpfer Stein wird seinen Stammplatz nach auskurierter Verletzung bestimmt nicht freiwillig räumen und auch Trainer Benno Möhlmann steht hinter seinem Oldie: „Sobald Uli fit ist, ist er wieder die Nummer eins“, sagt der Trainer. Jeder Hobbypsychologe würde sich aufgrund solch fehlgeratener Motivationskünste an den Kopf fassen. Richard Golz indes stört's nicht. In Karlsruhe hütet Golz zum fünften Mal in dieser Saison das Tor. Nach dem Platzverweis von Uli Stein in dem skandalträchtigen Spiel bei den Bayern rettete Golz das 2:2. Auch danach blieb der HSV mit Golz im Gehäuse ohne Niederlage. Zuletzt stand er beim 5:0 in Duisburg im Kasten. „So kann's weitergehen“, tönt Richard Golz optimistisch.

Eine Tugend, von der man sich beim HSV wohl verabschieden muß. Als zukunftsweisendes Schicksalsspiel kann der sportliche Vergleich mit den Badenern nicht herhalten. Die Karlsruher sinnen nach der 1:3-Hinrundenniederlage und dem Ausscheiden im DFB-Pokal beim 1.FC Köln auf Wiedergutmachung. Der HSV hat dagegen bereits demonstriert, daß auf die Offenbarung spielerischer Akzente kein Wert mehr gelegt wird. Da stimmte auch der 3:0-Sieg gegen Schalke am vergangenen Wochenende mehr betroffen als versöhnlich.

Nach drei Spieltagen in der Rückrunde sind die Ambitionen des Zwölften auf den angepeilten Uefa-Cup-Platz verpufft. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel: Die Möhlmänner können sich schon jetzt im Mittelmaß gemütlich einrichten.Marcus Reddemann