Geflügeltes auf hohem Roß

■ Das Duo Dööz und seine Literaturperforation „Fuck Pegasus“

Das Neuheitsgebot, das dem Kunstsystem sein Weiterbestehen sichert, zwingt scheinbar zu immer ausgefalleneren Abgrenzungsmanövern. Besonders deutlich zeigt sich das zum Beispiel in dem derzeitigen Lesungsboom. Es reicht nicht mehr aus, zu rezitieren, sondern man veranstaltet effektmaximierungsorientierte Happenings wie Poetry Slams oder praktiziert zumindest „2 in 1“-artige Genre-Verkuppelungen.

Insofern liegt das Duo Dööz voll im Trend: Der Schriftsteller Louis Ulrich und die Musikerin Anne Wiemann (Querflöte und Saxophon) wollen mit ihrem „Fuck Pegasus“-Programm auch eine „Mixtur erhabenster Geschmacklosigkeiten“ liefern. Daß das geflügelte Dichterroß hier im anderen Sinne bestiegen werden soll, läßt immerhin darauf hoffen, daß sich die angekündigte „Pseudoprosa“ doch als subkulturelle Echtkunst entpuppt. Dem Wahl-Ottenser Ulrich geht es in seinen Texten darum, „das Miteinander und Gegeneinander von Innen und Außen“ zu thematisieren. Solche Phrasen können in ihrer Abgedroschenheit schon ins Grübeln versetzen, ob der bekennende Alt-68er sein revolutionäres Kapital vielleicht doch verbraucht oder falsch angelegt hat.

Demnach könnte die vollmundig versprochene „Literatur-Perforation am Rande des Niedadagewesenen“ auch für das Publikum zur Gratwanderung werden – zwischen erwarteter Unerwartbarkeit und unerwarteter Erwartbarkeit. Und sollte der Kunstgaul doch nicht galoppieren, hätte sich der Titel der Veranstaltung in weniger interessanter Wortwörtlichkeit bewahrheitet. Christian Schuldt

Heute, 20 Uhr, Lola.