Ort von Katastrophen

■ Eine Ausstellung beleuchtet die Geschichte von Hammerbrook

Hammerbrooks Geschichte ist eine der Extreme: Überflutungen, Feuerinfernos (1842 und 1943) und Verödung durch katastrophale Stadtplanung. Diese Facetten spiegeln sich auch in der historischen Ausstellung des Stadtteilarchivs Hamm wider. Ein Diavortrag zur Eröffnung am Dienstag ließ die Ortsgeschichte von der Entstehung der Arbeitersiedlung Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute Revue passieren.

In den Zwanzigern, als 44 000 Menschen hier wohnten, flanierte man über die Süderquaistraße am Kanal, überall gab es Kneipen, Läden, Kinos. Doch schon bald prägte der Nationalsozialismus das Straßenbild: Die LKW's der Kolonialwarenhändler fuhren für die SA, das Bettwarengeschäft hatte „NS-Artikel“ und die Kirche fragte, ob man „Deutscher Christ“ sei.

1942: das Bild einer Außenstelle des KZs Neuengamme, wo etwa 2000 Menschen zusammengepfercht waren, vor allem Kriegsgefangene und ausländische Widerstandskämpfer. Davon wurden 800 durch unmenschliche Arbeitseinsätze, katastrophale Ernährung und fehlende medizinische Versorgung umgebracht. Die durchschnittliche Überlebensdauer betrug drei Monate. Heute hat das Haus Spaldingstraße 152-162 nicht mal ein Hinweisschild darauf.

Die anschließende Frage des „Was-habt-ihr-davon-gewußt?“ stieß bei den Versammelten – überwiegend alte Menschen, die damals in Hammerbrook gelebt hatten – auf Schweigen. Schließlich eine unbefriedigende Antwort: „Das waren doch angeblich Kriminelle“. Ein weiteres unrühmliches Kapitel entnimmt man dem Begleitheft zur Diareihe: nach dem Luftangriff im Juli 1943 wurden „für die gefährlichen Bergungsarbeiten in den zum Teil noch brennenden und einsturzgefährdeten Trümmern KZ-Häftlinge herangezogen.“ Schlimm der Kommentar dazu: Es wären doch Alkohol, gutes Essen und reichlich Zigaretten angeboten worden. Ob dies stimmt, sei dahingestellt. Aber offenbar wird so, wie in der Erinnerung die Unmenschlichkeit dieser Einsätze verdrängt wurde.

Einigkeit herrscht in der Ablehnung der Neubebauung des Quartiers. Niemand konnte verstehen, daß die günstige Lage zur Innenstadt den Bürobauten vorbehalten blieb. „Hammerbrook ist tot“, war das Credo. Christoph Schlee

Geschichtswerkstatt Hamm, Carl-Petersen-Str. 76, bis 27. April